Das belebte Meer finden Filmteams nicht mehr vor der europäischen Haustür.

Foto: Bertrand

Die Meere sind durch austretendes Rohöl, Schwermetalle und Radioaktivität und zunehmend durch den Klimawandel gefährdet. Durch nichts ist die Bedrohung aber so akut wie durch die Überdüngung mit Nährstoffen aus der Landwirtschaft und den Abflüssen von Städten. Die Nordadria ist davon genauso betroffen wie der Golf von Mexiko. Algenblüten entstehen, den Meeren fehlt es an Sauerstoff, es kommt zum Massensterben der Arten auf dem Meeresboden.

Die einzige Chance, es nicht so weit kommen zu lassen, ist "die Einleitungen von Abwasser zu reduzieren", sagt der Meeresbiologe Michael Stachowitsch von der Universität Wien. Er forscht seit den 1970er-Jahren in der Adria. Mit Zeitrafferkameras werden die Folgen der Verschmutzung dokumentiert. Touristen tragen "mit organischem Material" ihren Teil zu diesem ökologischen Problem bei - besonders am Mittelmeer. "100 Millionen Menschen leben hier permanent", sagt Stachowitsch zum Standard, "in den Sommermonaten kommen weitere 100 Millionen dazu." Dabei fällt Dreck an. Auch der Plastikmüll (marine debris), den die Urlauber zurücklassen, steht seit einiger Zeit im Mittelpunkt des Forscherinteresses: Welche ökologischen Folgen hat er? Wie kann man verhindern, dass sich eben geschlüpfte Meeresschildkröten in Kunststoffbehältern verfangen?

Stachowitsch wird am 28. 1. im Naturhistorischen Museum Wien über diese Umweltgefahren sprechen (ab 20.00) - und mit Jörg Ott, dem ehemaligen Leiter des Meeresbiologie-Departments der Uni Wien, Frank E. Zachos, dem Leiter der Säugetier-Sammlung des Naturhistorischen Museums, und Daniel Abed-Navandi, dem Vizedirektor des Haus des Meeres, diskutieren. Danach, ab 20.30 Uhr, wird der Film Planet Ocean des Umweltschützers Yann Arthus-Bertrand gezeigt. Stachowitsch: "Um schöne Unterwasseraufnahmen machen zu können, müssen die Filmteams immer weitere Strecken zurücklegen." Das "Leitbild" des belebten Meeres sei nicht unbedingt vor der "Haustür" Europas, also am Mittelmeer, zu finden. (pi, DER STANDARD, 23.01.2013)