Wien/London - In Österreich gibt es laut einer, im "Lancet Oncology" erschienenen europäischen Vergleichsstudie einen Mangel an Strahlentherapie-Kapazitäten (Landesdurchschnitt, Anm. Red.) von 19 Prozent. Dabei werden international 40 Prozent aller Heilungen bei Krebs strahlentherapeutisch erzielt.

"Es gibt einen offenkundigen Mangel an Strahlentherapiegeräten in Deutschland, Italien, Österreich, Portugal, Großbritannien und die meisten Staaten Ost- und Südosteuropas (speziell Bulgarien, Mazedonien und Rumänien) sind mangelhaft ausgerüstet", schreiben die Autoren der Studie wenige Tage vor dem Welt-Krebs-Tag (4. Februar).

In den 27 EU-Staaten, in Kroatien, Mazedonien, der Türkei, Island, Norwegen und der Schweiz stehen laut der Daten im Durchschnitt 5,3 Megavolt-Strahlen-Teletherapiegeräte pro Million Einwohner zur Verfügung. In Österreich sind es 5,1 pro Million Einwohner. In Deutschland, in Italien und Frankreich sind es 6,5 pro Million Einwohner, in Belgien 8,7, in Finnland 8,3, in Dänemark gar 9,7 un in Schweden 8,2.

Überkapazität in der Schweiz

Daraus leiten die Autoren der Studie einen Mangel an Geräte-Kapazitäten von fast 20 Prozent in Österreich ab. Das gelte auch für Deutschland (bei höherer Ausgangsposition), in Italien gebe es einen zusätzlichen Bedarf von 16 Prozent. Die Schweiz hätte hingegen Überkapazitäten von 47 Prozent, Schweden von 22 Prozent.

"Man geht davon aus, dass 50 Prozent der Krebspatienten primär mit Strahlentherapie versorgt werden sollten. Hinzu kommen noch einmal 25 Prozent im weiteren Verlauf ihrer Krebserkrankung bei der Entstehung von Rezidiven und Metastasen. Wir können aufgrund dieser zu geringen Gerätekapazitäten nicht allen Patienten die optimale Behandlung anbieten", erläutert Richard Pötter, Vorstand der Universitätsklinik für Strahlentherapie der MedUni Wien am AKH, die Mangelsituation.

Die Defizite in Österreich sind laut Pötter bekannt: "Wenn man von den Vorgaben des österreichischen Strukturplans für medizinische Einrichtungen, Großgeräte, Infrastruktur etc. ausgeht, dann benötigen wir ein Strahlentherapiegerät pro 120.000 bis 140.000 Einwohner. Da bräuchten wir bei einer Einwohnerzahl von 8.2 Millionen Menschen in Österreich etwa 60 bis 65 Therapiegeräte für eine ausreichende Krankenversorgung. Tatsächlich haben wir aber in Österreich nur 43".

Lohnende Investition

Eine Besserung ist derzeit nicht in Sicht. Laut offiziellen Planungen sollen in den nächsten fünf bis zehn Jahren  österreichweit nur vier zusätzliche Geräte angeschafft werden. Dadurch wird es laut Pötter nur eingeschränkt möglich sein, allen Krebspatienten in Österreich die notwendige modernste Form der Strahlentherapie zukommen zu lassen.

"Dabei sind Investitionen von circa zwei bis 2,5 Millionen Euro für ein Therapiegerät, das mehr als zehn Jahre lang für mehr als 5.000 Patienten verwendet werden kann (400 bis 500 Euro/Patient), vergleichsweise nicht so viel Geld, vor allem wenn dies in Relation gesetzt wird zu den deutlich höheren Kosten pro Patient für die moderne 'targeted' Therapie, die bei zahlreichen Krebserkrankungen heute als Standard gilt", so der Experte. Die zielgerichtete Therapie mit modernsten Krebsmedikamenten mache Kosten von teilweise mehr als 5.000 bis 10.000 Euro pro Patient aus.

In Hinblick auf die steigende Zahl an Krebserkrankungen, ist die Situation prekär. "Rund 45 bis 55 Prozent der Patienten mit Krebs benötigen eine Strahlentherapie", so Pötter. Eine Untersuchung in Schweden hat gezeigt, dass 49 Prozent der Krebsheilungen auf die Chirurgie, 40 Prozent auf Strahlentherapie allein oder in Kombination mit anderen Behandlungsarten und elf Prozent auf die Chemotherapie zurückzuführen sind. (APA/red, 24.1.2013)