Wien - Die EU-Pläne zur vermeintlichen Privatisierung von Wasser über eine umstrittene Konzessionsrichtlinie erhitzen weiter die Gemüter in Österreich und auch Deutschland. Am Sonntag haben sich auch die Grünen zu Wort gemeldet. Bundessprecherin Eva Glawischnig sprach sich in einer Aussendung für ein Verfassungsgesetz aus. Dies solle privaten Großkonzernen den Zugang zu grundlegenden Leistungen der Daseinsvorsorge verwehren.
Am Samstag hatte bereits SPÖ-Staatssekretär Josef Ostermayer eine gesetzliche Verhinderung der Privatisierung von Wasser vorgeschlagen. Beim Wahlkampfauftakt der Kärntner SPÖ in Velden kündigte er an, am Montag in der Koordinierung vor dem Ministerrat einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten zu wollen.
Diese Woche hat der Binnenmarktausschuss des EU-Parlaments für die Annahme des Vorschlag für eine Richtlinie über die Konzessionsvergabe der EU-Kommission gestimmt. Kritiker fürchten, dass es dadurch zur Privatisierung von Wasser kommen könnte.
"Durch diese EU-Richtlinie können Gemeinden nicht mehr frei entscheiden, wie sie die öffentliche Wasserversorgung vor Ort organisieren. Die Vergabe an öffentliche Unternehmen, wie sie heute gängige Praxis ist, wäre so nicht mehr möglich, es müsste europaweit ausgeschrieben werden", so die Grüne Umweltsprecherin Christiane Brunner.
Finanziell nicht zu schaffen
Die Gemeinden hätten laut der EU-Richtlinie immer noch das Recht, die Wasserversorgung selbst zu übernehmen. Doch das können viele finanziell gar nicht schaffen, so Brunner. Deshalb werde diese Aufgabe derzeit häufig an nicht gewinnorientierte Wasserverbände oder Wassergenossenschaften übertragen. "Die Vergaben an öffentlich kontrollierte Unternehmen oder auch an andere Formen derartiger Kooperationen werden mit dieser Richtlinie wahrscheinlich nicht mehr möglich sein, da die Richtlinie die Ausschreibungspflicht für EU-weite Ausschreibungen deutlich erhöht", so Brunner.
EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier will in der gesamten EU einheitliche Regeln zur Vergabe von Konzessionen für Dienstleistungen wie die Wasserversorgung zu schaffen. Ziel sind der Kommission zufolge Wettbewerb und Chancengleichheit zwischen Unternehmen, aber in Zeiten leerer öffentlicher Kassen auch eine bessere Kontrolle über die Verwendung von Steuergeldern, "die in einer beunruhigenden Reihe von Fällen ohne Transparenz oder Rechenschaftspflicht ausgegeben werden", wodurch sich "die Risiken der Günstlingswirtschaft, des Betrugs und sogar der Korruption erhöhen".
Dass dies einem Privatisierungszwang der Trinkwasserversorgung gleichkommt, weist Barnier entschieden zurück. Er spricht von einer "bewussten Fehlinterpretation" des Vorschlags. "Er enthält keine Verpflichtung zur Vergabe dieser Leistungen am Markt", so der Kommissar. Betroffen sollen demnach nur Kommunen sein, die sich bewusst dafür entscheiden, ihre Wasserversorgung in private Hände zu geben.
Widerstand
Nicht nur in Österreich ist der Widerstand gegen das EU-Vorhaben groß. In Deutschland meinte der Vizechef der Unionsbundestagsfraktion, Johannes Singhammer, es bestehe "zu Recht die Befürchtung, dass nach einer Privatisierung nur noch die Erzielung von möglichst hohen Renditen im Vordergrund steht." Der EU-Abgeordnete Thomas Händel von der Linken gab zu bedenken, dass sich zwar städtische Unternehmen um den Auftrag bemühen könnten, allerdings auch "große, europa- und weltweit tätige private Konzerne mit all ihren Möglichkeiten". Und Städtetagspräsident Christian Ude mahnte, dass es für eine qualitativ hochwertige Wasserversorgung "riesige Investitionen" brauche, die "ein auf kurzfristigen Gewinn orientiertes Privatunternehmen keineswegs" schätze.
Auf der Internetseite www.right2water.eu werden jedenfalls bereits Unterschriften für ein EU-Volksbegehren gesammelt mit dem Ziel: "Die Versorgung mit Trinkwasser und die Bewirtschaftung der Wasserressourcen darf nicht den Binnenmarktregeln unterworfen werden." Finden sich bis September eine Million Unterzeichner, können sie die EU-Kommission auffordern, sich mit dem Thema zu befassen - mehr als 600.000 Unterstützer gibt es bereits. In Österreich fungiert laut "Krone" SPÖ-Staatssekretär Andreas Schieder als Schirmherr für die Bürgerinitiative. (APA, 27.1.2013)