Wien - 1971 fertigten der britische Techniker Godfrey Hounsfield, Ingenieur bei der Beatles-Plattenfirma EMI, und der Physiker Allan Cormack im Atkinson Morley's Hospital (London) das erste Computertomografie-Bild (CT) vom Schädel eines Patienten an. Heute ist das Schichtbildröntgen aus den meisten Bereichen der Medizin nicht mehr wegzudenken. In Österreich könnte allerdings ein nicht unbeträchtlicher Teil rein diagnostischer, invasiver Herz-Angiografien durch Herz-CTs ersetzt werden, betonten heute Experten der Österreichischen Röntgengesellschaft (OERG) bei einer Pressekonferenz in Wien.

Hounsfield und Cormack, so Werner Jaschke, Präsident der OERG und Direktor der Uni-Klinik für Radiologie in Innsbruck, gehörten zu denjenigen Forschern, die am schnellsten den Nobelpreis für eine revolutionäre Entwicklung erhielten: Bereits 1979 wurden sie Medizin-Laureaten. Erstmals hatte man durch die Aufnahme von Bildschnitt-Serien plus Rekonstruktion der Daten zu "Fotos" aussagekräftige Darstellungen von Schädel und Gehirn anfertigen können.

Auflösung im Submillimeterbereich

Ob Unfallchirurgie mit sofortiger Ganzkörper-Diagnostik bei Mehrfachverletzten, Neurologie, Kardiologie oder Onkologie, die Computertomografie ist oft entscheidend für Diagnose, Behandlungsplanung, Therapie (beispielsweise interventionelle Radiologie, Anm. Red.), Kontrolle der Behandlung und Nachsorge. Reto Bale, Radiologe an der MedUni-Innsbruck und Spezialist für mikroinvasive Therapie: "Mit Multidetektor-Geräten kommen wir auf eine Auflösung im Submillimeterbereich, auf 0,2 bis 0,3 Millimeter."

In den vergangenen Jahren hat sich die Technik - schnellere Computer und mehr Detektoren erlauben "Belichtungszeiten" von unter einer Sekunde - auch zunehmend in Darstellung des Herzens und der Blutgefäße etabliert. Eine Schlaganfalldiagnostik ohne CT ist heute undenkbar. Probleme gibt es offenbar noch beim Einsatz des CT in der Darstellung der Koronargefäße.

Christian Loewe von der Abteilung für Kardiovaskuläre und Interventionelle Radiologie der MedUni Wien am AKH: "Die koronare Herzkrankheit ist ein Paradebeispiel dafür, wie innovativ die Technik war - und ein ideales Beispiel für die Probleme im österreichischen Gesundheitswesen."

Nicht verfügbar

Der Grund dafür: Die Koronar-Computertomografie eignet sich laut dem Experten "sehr gut" für die Abklärung bei Personen mit leichtem bis mittlerem Risiko für eine Verkalkung der Herzkranzgefäße bei unklaren Symptomen. Das empfehlen auch internationale Leitlinien.

Doch die Situation in Österreich, so Loewe: "Obwohl immer mehr Institute auch im niedergelassenen Bereich die technischen Möglichkeiten und die Expertise hätten, kardiale Bildgebung anzubieten und durchzuführen, existieren diese Methoden für die Krankenkassen (Ausnahme: Steiermark, Anm.Red.) derzeit nicht. Es gibt keinen Krankenkassentarif, somit sind diese Untersuchungen im ambulanten Bereich für Krankenkassenpatienten nicht verfügbar."

Das kann laut dem Experten die Patienten belasten - genauso wie die Budgets der Spitalerhalter: "Mehr als 20 Prozent der (invasiven und im Spital durchgeführten, Anm.) Herzkatheter-Untersuchungen sind solche, wo reine Diagnostik betrieben wird." Zumindest diese könnten nicht invasiv und ambulant beim Radiologen durchgeführt werden, auch zu deutlich geringeren Kosten. Die "Spitalslastigkeit" bzw. die Existenz einer Vielzahl kleiner Krankenhäuser zeigt auch die Verteilung der CT-Geräte: Von 242 in Österreich im Betrieb befindlichen entfallen 170 CT-Anlagen auf Spitäler und nur 70 auf niedergelassene Radiologen. (APA, 28.1.2013)