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Die Liechtensteins: Hans Adam II. mit Frau Marie und Erbprinz Alois mit Frau Sophie.

Foto: Reuters/Wiegmann
Graphik: Standard

In Liechtenstein geht die Angst um. Nicht vor der Revolution, die den Fürsten seiner für einen modernen Staat beachtlichen Machtfülle berauben könnte, auch nicht vor einem Wahlerfolg extremer Gruppen am kommenden Sonntag - solche kandidieren nämlich nicht -, sondern vor Wohlstandsverlust. "Sparen" ist das Hauptthema dieses Wahlkampfs.

Den 36.000 Liechtensteinerinnen und Liechtensteinern drohen Kürzungen staatlicher Leistungen und Steuererhöhungen. Kommenden Sonntag werden 19.200 Wahlberechtigte entscheiden, wer der bessere Sparmeister ist. Denn seit 2010 rutscht der Staatshaushalt ins Minus - was die Liechtensteiner, weil sonst immer an Überschüsse gewöhnt, irritiert. 210 Millionen Schweizer Franken (169 Millionen Euro) Defizit, 20 Prozent des Haushalts, weist das Budget 2013 aus. Die finanzielle Schieflage des Zwergstaats bedeutet, von nachbarlichen Schuldenbergen aus betrachtet, freilich Jammern auf hohem Niveau. Denn Staatsschulden kennt das reiche kleine Fürstentum nicht.

"Verschuldung können wir uns nicht erlauben", sagt denn auch Polizeichef Adrian Hasler, der gerne Regierungschef werden würde. Oberstes Ziel seiner Partei, der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP), ist es, "das Land aus seiner finanziell sehr angespannten Lage" zu befreien.

Weil Schulden nicht infrage kommen, müssen die Einnahmen erhöht oder Rücklagen aufgelöst werden. Bei 1,5 Milliarden Schweizer Franken auf der hohen Kante dürfte das nicht allzu schwerfallen. Als Gründe für die Liechtensteiner Geldsorgen nennt der Politologe Wilfried Marxer die allgemeine Wirtschaftskrise und den Umbruch des Finanzmarkts.

Imagewandel kostet

Das Steuerparadies akzeptiert seit 2009 OECD-Standards zur Steuerkooperation. Regierungschef Klaus Tschütscher (Vaterländische Union/VU) versprach bei Amtsantritt, Liechtenstein, das als internationale Geldwaschmaschine verrufen war, zum seriösen Finanzplatz zu machen. Ein Steuerabkommen nach dem anderen wurde unterzeichnet.

Tschütscher ist nach getaner Arbeit amtsmüde. Er gab schon Monate vor der Wahl seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Nach acht Jahren Regierungsarbeit habe er nun eine andere Lebensplanung, sagte der 44-Jährige. Mit Tschütscher gehen vier der fünf Regierungsmitglieder. Für die VU kandidiert nun der Treuhänder Thomas Zwiefelhofer (43).

Geht es nach der FBP, wird er nicht Regierungschef. Denn nun soll sich das Blatt wieder wenden. 2009 erreichte die FBP nur 43 Prozent und elf Sitze, davor war es umgekehrt. Wer von den beiden bürgerlichen Parteien gewinnt, macht keinen großen Unterschied, ist doch im Fürstentum eine große Koalition seit 1938 üblich. Alleinregierungen, abwechselnd VU und FBP, gab es von 1997 bis 2005.

Die Freie Liste (FL), eine grünnahe monarchiekritische Partei, die seit 1993 im Landtag ist, konnte das Zweiparteiensystem nie richtig aus der Balance bringen. 2009 drohte sie mit einem Absturz von 13 auf knapp neun Prozent fast an der Sperrklausel von acht Prozent zu scheitern. Etwas Spannung könnte die erstmalige Kandidatur einer vierten Partei bringen. Die Unabhängigen (Du) sind eine Gruppe von Wutbürgern, die für Hausverstand eintreten und den Regierenden vorwerfen, Liechtenstein abgewirtschaftet zu haben. Dass es am 3. Februar zu einer "Denkzettelwahl" kommt und die Unabhängigen die Acht-Prozent-Hürde überspringen, hält Wilfried Marxer für wenig wahrscheinlich. Schließlich hätten die Liechtensteiner ein sehr traditionell geprägtes Wahlverhalten, würden quasi in ihre Parteien hineingeboren.

Polarisierende Themen wie die Macht des Fürsten werden bei Wahlen ausgeklammert, sind auch nicht mehrheitsfähig. Fürst Hans-Adam II., dem bald Erbprinz Alois folgen wird, ist mächtiger als das Volk, er hat ein Vetorecht. Er kann umwerfen, was das Parlament beschließt. Dem Volk ist das recht. Eine Abstimmung gegen das Vetorecht ging im Juli 2012 mit 76 Prozent pro Fürst aus. (Jutta Berger, DER STANDARD, 30.1.2013)