"Mama, warum hast du so wenig Geld, obwohl du immer so viel arbeitest": Arbeitsbedingungen der freien Mitarbeiter im ORF.

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Wien - "In schlaflosen Nächten mache ich mir Sorgen, im Alter unter der Brücke zu enden": Eine von Dutzenden freien Mitarbeitern des ORF, die ihre Lebenssituation im Dienste des Gebührenfunks Mittwoch öffentlich machten. Donnerstag trifft sich der Stiftungsrat des ORF, um Strategien und weitere Sparpläne zu beraten.

Die Stiftungsräte erinnerten die freien Mitarbeiter am Mittwoch, dass sie seit mehr als einem Jahr auf ihre "skandalöse Bezahlung" aufmerksam machen. Im Februar treffen sich Betriebsrat und Geschäftsführung zu weiteren Verhandlungen. Doch bisher vermissen sie "eindeutige Signale" des Managements, "die unhaltbare Situation der Freien Mitarbeiter zu ändern". 476 ORF-Angestellte aus TV, Radio und Online unterstützen die Forderungen der Freien nach "gerechter Entlohnung" mit ihrer Unterschrift. Sie fordern Stiftungsräte und Management auf, diesen für " öffentlich-rechtlichen Rundfunk unwürdigen Zuständen ein Ende zu bereiten".

"TV-Abgabe rechtfertigen"

Der ORF riskiere "seine Glaubwürdigkeit als gebührenfinanzierter öffentlich-rechtlicher Sender", schreiben die Freien: "Wie will man die Forderungen nach Gebührenrefundierung beziehungsweise Haushaltsabgabe rechtfertigen, wenn im eigenen Unternehmen die freien Mitarbeiter Vollzeit arbeiten und trotzdem am Existenzminimum leben".

Die Gebührenrefundierung beschäftigt die Stiftungsräte Donnerstag: Das Management muss ihnen einen Plan B vorlegen, wenn die Republik dem ORF ab 2014 keine Gebührenbefreiungen mehr abgelten sollte. 75 Millionen Euro sind laut mehreren ORF-Quellen dafür gegenüber heuer einzusparen: 30 Millionen weniger Refundierung, dazu kämen Sonderevents wie Fußball-WM und Winterspiele in Sotschi sowie "normale Steigerungen" etwa bei Rechten. Der ORF macht Druck auf Verlängerung und droht sonst an Orchester, Filmförderung, Spartenkanälen und Programmbudget zu kürzen.

Die TV-Abgabe für alle Haushalte peilt der ORF ab 2016/17 an. In Deutschland gilt sie seit Jahresbeginn, doch nun wollen sich Kommunen wie Köln verweigern, die ein Vielfaches bisheriger TV-Gebühren zahlen müssten.

Fallbeispiele

Die freien Mitarbeiter des ORF haben am Mittwoch auch Dutzende reale wie drastische Fallbeispiele veröffentlicht, wie sie und ihre Kollegen "trotz/vom" ORF arbeiten und leben.

Die Freien fragten demnach: 

1. Was bedeutet Deine prekäre Arbeitssituation beim ORF für Dich konkret?
2. Warum arbeitest Du trotzdem (noch) für den ORF?

Und erhielten etwa den Hinweis einer 42-jährigen zweifachen Mutter, was ihre Kinder sie so fragen: "Für mich bedeutet es täglich ein Gefühl der Demütigung, familiären Stress, gesundheitliche Schäden, wirtschaftliche Abhängigkeit - von Mann und Eltern sowie Erklärungsnotstand gegenüber meinen Kindern, ich zitiere: 'Mama, warum hast du so wenig Geld, obwohl du immer so viel arbeitest?'"

derStandard.at/Etat hat hier eine Auswahl zusammengestellt.  (red, DER STANDARD, 31.1.2013)