Schwere Spezialfahrzeuge aus Polen rollen über die Weinviertler Felder. Der "Vibrator" ist neun Meter lang und wiegt 19 Tonnen.

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Messgeräte und Kabel wurden verlegt. Ähnlich einem Echo von Schallwellen an Felswänden werden seismische Wellen von den einzelnen Gesteinsschichten reflektiert.

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Erwin Pröll - Retter des Weinviertels?

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Geländewägen der polnischen Firma parken vor dem Gasthaus.

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Die Grünen haben es bisher kaum geschafft, das Thema im Wahlkampf zu platzieren.

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Die 35 Zimmer im Gasthof zum Grünen Jäger in Unterolberndorf sind seit September belegt. 70 polnische Arbeiter übernachten hier, in dem kleinen Dorf im südlichen Weinviertel, etwa 30 Kilometer nördlich von Wien. Vor dem Gasthof, am Unterolberndorfer Hauptplatz parkt ein Dutzend schwerer Geländewägen mit polnischen Kennzeichen. Es sind Autos der Firma Geofizyka Kraków. Insgesamt sind in der Region noch bis Februar rund 200 Arbeiter untergebracht, sie führen im Auftrag der OMV Schallmessungen durch. Auf einer Fläche von rund 250 km2 wird die geologische Struktur des Erduntergrundes erforscht.

Von offizieller Seite ist das Thema Fracking im Weinviertel abgeschlossen. Erst im September hatte die OMV bekanntgegeben, vom Abbau von Schiefergas Abstand zu nehmen. Die Wirtschaftlichkeit sei nicht gegeben, begründete OMV-Chef Gerhard Roiss das Ende der Suche nach dem umstrittenen Gas, das nur durch Einsatz von aggressiven Chemikalien aus dem Boden gewonnen werden kann. Der Ankündigung der OMV waren massive Proteste von Bürgern voraus gegangen. Auch die ÖVP stellte sich schlussendlich gegen die OMV und verlangte für etwaige Schiefergas-Bohrungen eine Umweltverträglichkeitsprüfung.

Faktor Wahlkampf

Die ÖVP, damals schon im Vorwahlkampf, fürchtete um schwarzes Stammklientel, hatten sich doch gerade einflussreiche Weinbauern der Region gegen die Pläne der OMV ausgesprochen. Doch nach wie vor ist die Sorge vieler Bürger groß. Sie wundern sich über die umtriebigen polnischen Arbeiter. Das ganze Weinviertel ist von Kabeln durchzogen. Warum soll mit Schallgeräten festgestellt werden, was sich unterhalb der Erde tut, wenn die Pläne, Schiefergas abzubauen ad acta gelegt sind? Warum führen polnische Arbeiter die Messungen durch, wo man gerade aus Polen hört, dass dort Fracking forciert wird?

Neue Bürgerinitiative

Peter Rabl hat erst kürzlich die Bürgerinitiative "Sauberes Gas" gegründet. Es ist die bereits dritte Bürgerinitiative in der Region, die sich gegen Fracking ausspricht und für erneuerbare Energien einsetzt. Rabl, vom Beruf Kaufmann, kommt aus Niederkreuzstetten, einem Nachbarort von Unterolberndorf. Vor zwei Wochen hat seine Bürgerinitiatve eine Veranstaltung organisiert und Experten eingeladen. Rund 100 besorgte Bürger sind gekommen, sie äußerten Bedenken, das Grundwasser könnte verseucht werden und klagten, von der Politik schlecht informiert zu werden. Die Schallmessungen der polnischen Arbeiter beunruhigen viele. Der Boden zittert, wenn die Messungen durchgeführt werden, so dass manche Anrainer Erdbeben fürchteten. Haustiere sind noch Stunden später von den Erderschütterungen verstört. Rabl wundert, dass weder ÖVP, noch SPÖ oder FPÖ im Wahlkampf klar Stellung beziehen.

Bemühte Kampagne

Immerhin die Grünen fordern ein Verbot und schreiben auf ihre Plakate den bemühten Spruch "Schiefergas ist kein Lercherlschas". Zum großen Wahlkampfthema konnten sie das Fracking bislang aber nicht machen. Weinviertel-Spitzenkandidatin Amrita Enzinger erklärt im Gespräch mit derStandard.at, warum es schwierig ist, Gehör zu finden: "Dadurch dass die ÖVP nichts zu dem Thema macht, kommt es auch nicht in die Medien."

Woher kommt die Zurückhaltung der Schwarzen? Die Partei will am 3. März bei der Landtagswahl die absolute Mehrheit wiedergewinnen und Erwin Pröll neuerlich Landeshauptmann werden. Ein Aufreger-Thema wie Schiefergas samt einer Diskussion über mögliche Umweltschäden kommt da alles andere als gelegen. In einer schriftlichen Stellungnahme hält ein Sprecher der ÖVP fest, dass das Thema Schiefergas "erledigt" sei: "Die OMV wird bei uns im Weinviertel kein Schiefergas abbauen, dafür haben wir uns mit Erfolg eingesetzt."

Auch die OMV bestätigt gegenüber derStandard.at diese Linie und sagt, das Kapitel OMV und Schiefergas sei beendet. Seismologische Untersuchungen würden zwar noch bis Februar durchgeführt, dabei ginge es aber ausschließlich um die Exploration von konventionellem Gas und Erdöl.

Retter des Weinviertels

Greenpeace-Energiesprecher Jurrien Westerhof macht diese Ansage stutzig, denn die OMV wisse durch die Messungen dann ja, welche Voraussetzungen im Boden gegeben sind. Dass das Kapitel Schiefergas für die OMV geschlossen ist, glaubt er nicht: "Sie hat das Buch nur zur Seite gelegt", sagt er im Gespräch mit derStandard.at. In zehn Jahren könne die Linie des Konzerns schon wieder ganz anders aussehen. "Dann hat die OMV möglicherweise wieder mehr Einfluss auf die ÖVP als jetzt." Auch Erwin Pröll, selbst Weinviertler aus dem bäuerlichen Milieu, habe festgestellt, dass mit dem Abbau von Schiefergas keine Wahl zu gewinnen sei. Im Gegenteil: "Er unternimmt den Versuch, sich als Retter des Weinviertels darzustellen", so Westerhof.

Und tatsächlich: den schwarzen Peter schiebt die ÖVP jetzt, wenige Wochen vor der Wahl, neuerlich der OMV zu. Der Ölkonzern habe "desaströse Informationspolitik betrieben. Wir alle wurden von der OMV im Regen stehen gelassen", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme. Auf das Wort von Pröll, der sich gegen den Schiefergasabbau ausgesprochen habe, sei zu 100 Prozent Verlass.

Peter Rabl von der Bürgerinitiative beruhigen diese Versprechungen nur bedingt: "Wir wissen nicht, was nach der Wahl passiert." (Rosa Winkler-Hermaden, derStandard.at, 31.1.2013)