
Die Pforte zur Votivkirche, wo nach wie vor 40 Flüchtlinge protestieren, ist - außer vor und während Gottesdiensten - geschlossen: laut Erzdiözese, um zu verhindern, dass das Gotteshaus zur "politischen Bühne" wird.
Wien - Erneut Hungerstreik, ja oder nein: Diese Entscheidung trafen die protestierenden Flüchtlinge in der Wiener Votivkirche bislang nicht. Vor zehn Tagen hatten sie die Essensverweigerung unterbrochen, bis Anfang Februar, wie es hieß. Donnerstagnachmittag hielten die Diskussionen, wie es weitergehen soll, an.
Fix zu sein schien, dass die 40 Männer nicht in das von der katholischen Kirche zu Verfügung gestellte Ersatzquartier in einem Wiener Kloster ziehen wollen. Laut einer Aussendung des Refugee Camps Vienna handelt es sich um einen "Keller ohne Fenster". Das sei "nicht menschenwürdig".
Hilfe nicht nur willkommen
Dem widerspricht Klaus Schwertner von der Caritas: "Wir haben den Flüchtlingen im Kloster Zwei- und Vierbettzimmer angeboten. Sie sagten, sie würden sich im Keller sicherer fühlen." Und zwar, wie ein Protestierender dem Standard verriet, vor einem etwaigen Räumungseinsatz der Polizei. "Die Flüchtlinge würden im Kloster unter dem Schutz der Kirche stehen, so wie im Gotteshaus", betont Schwertner hier.
Dieser Schutz ist für die Flüchtlinge und manche Helfer jedoch nicht nur willkommen. Bei einer Diskussion am Institut für Politikwissenschaften der Uni Wien Mittwochabend forderte Flüchtling Mohamad Numan ein Ende der Zugangskontrollen in die Votivkirche: "Eine Kirche ist kein Gefängnis."
Laut Schwertner haben mehrere Unterstützer in der Votivkirche Hausverbot. Außer zu Gottesdiensten dürfen nur je fünf Außenstehende in das Gebäude. Security-Personal bewacht die Pforte. Dadurch sei dem Protest "der öffentliche Raum entzogen worden", kritisiert die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz; ihr wurde der Zutritt zur Kirche kürzlich verweigert.
Kirche soll nicht zur politischen Bühne werden
Die Flüchtlinge hätten das Wort ergriffen und sich "emanzipiert". Nun würden sie zu "Mündeln der Kirche" gemacht, sagte Streeruwitz zum Standard. Die Zutrittskontrolle sei von den Flüchtlingen selbst gewollt worden, widersprach Schwertner. Zudem wolle man verhindern, dass die Kirche eine "politische Bühne" werde, heißt es dazu aus der Erzdiözese.
Die Flüchtlinge fordern etwa Arbeitsmarktzugang, aber auch den Stopp aller Rückschiebungen in der EU. Die diesbezügliche Dublin-II-Richtlinie wird, zusammen mit vier anderen EU-Bestimmungen, derzeit novelliert. (siehe Hintergrund unten). (Irene Brickner, DER STANDARD, 1.2.2013)