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"PlayStation-Vater" Ken Kutaragi wird die neue PlayStation nicht konzipieren. Nach dem misslungenen Start der PS3 zog er sich 2007 aus dem Konzern zurück.

Foto: AP Photo/Koji Sasahara

Im Jahr 2000 stand Sony an der Spitze der Elektronikwelt. Der iPod hatte den Walkman noch nicht aus den Gedächtnissen der Konsumenten gefegt und Samsungs Flotte an Fernsehern prallte noch an der japanischen TV-Front ab, wie eine Fliege an einer spiegelglatten Trinitron-Röhre. Der zugegebener Maßen durch die Dotcom-Blase aufgeblähte Marktwert lag zum Millennium bei 100 Milliarden Dollar - das Sechsfache des heutigen Wertes.

Es wäre nicht zu schwarz gemalt, wenn man nachträglich meint, dass sich der Abstieg bereits damals abzeichnete. Der Konzern verschlief einen Technologietrend nach dem anderen. Die Musikvorherrschafft wurde Apple überlassen und mit dem späten Start der eigenen Flachbildfernseher stieß man den TV-Markt für die unermüdlich produzierende Konkurrenz aus Südkorea auf. Das alles fiel jedoch nicht sofort auf, denn bei allen Warnzeichen hatte Sony einen absoluten Trumpf in der Hand: Die PlayStation 2.

Mittel zum Zweck

Die PlayStation 2 machte sich von 2000 an auf den Weg zur erfolgreichsten Heimkonsole aller Zeiten und setzte für Sony ganz gezielt einen neuen Datenträger durch: Die DVD, das populärste Filmmedium seit der Erfindung der Leinwand. Die PS2 war in dem Sinne also mehr als eine Spielkonsole für Sony.

Von da an schien für den Elektronikkonzern klar zu sein, dass sich eine Spielkonsole als Technologieträger eignet und, im Falle von Sony naheliegend, als ein Wegbereiter für eine TV-Revolution. Sechs Jahre später sollte die PlayStation 3 (PS3) dieses strategische Kunststück wiederholen und diesmal nicht nur die Blu-ray als neuen Datenträger für Filme durchringen, sondern auch noch kräftig die Verkäufe von HD-Fernsehern ankurbeln.

Die Zeiten ändern sich

Wenn man so will, wurde die PlayStation bis dahin stark technologiegetrieben entwickelt. Und das ging gut, bis zu dem Zeitpunkt, an dem man den Bogen überspannt hatte. Die PlayStation 3 hätte nicht nur der Blu-ray zum Erfolg verhelfen sollen, sondern auch noch der mit IBM und Toshiba entwickelten CELL-Prozessorarchitektur. Doch das hochgerüstete Flaggschiff kam Sony schlussendlich so teuer, dass man die PS3 zum Marktstart bei einem horrenden Preis von 600 Dollar für 200 Dollar unter den Herstellungskosten verkaufen musste. Gleichzeitig machte der Technologiewahn die Produktion von Spielen so kompliziert, dass sich Microsofts ein Jahr früher erschienene Konsole Xbox 360 als Leitplattform für die Hersteller aufdrängte.

Heute, fast 13 Jahre nach dem die PlayStation 2 das Tageslicht erblickte, ist Sony ein anderer Konzern. Seit vier Jahren in den roten Zahlen, mehr als eine Technologierevolution verschlafen, erlebt der nach wie vor 160.000 Mitarbeiter zählende Monolith Zeiten des Wandels. Drei CEOs gaben sich in der Zeit die Türklinke in die Hand, zehntausende Arbeitsplätze fielen der Umstrukturierung zum Opfer. 2013 steht Kazuo Hirai an der Spitze und schwört als einstiger Chef der PlayStation-Sparte den Konzern auf Synergien ein. Und nach den Jahren der Dürre ist nun die PlayStation wieder einer der gewinnbringenden Hoffnungsträger des Unternehmens.

Zur Besinnung gekommen

Am 20. Februar, sieben Jahre nach der misslungenen Feuertaufe der PlayStation 3, lädt Sony die internationale Presse nach New York ein, um "die Zukunft der PlayStation" zu präsentieren. Und was auch immer Hirai aus dem Hut ziehen wird, man kann davon ausgehen, dass man von den schweren Fehlern der PS3 gelernt hat. Die nächste PlayStation wird kein technisches Monstrum sein und kein neues Format durchboxen müssen. Den Branchenberichten zufolge wird sie anstelle dessen auf eine PC-ähnliche Architektur von AMD setzen und dadurch nicht nur günstiger zu produzieren sein, sondern auch den Entwicklern entgegenkommen. Und man kann davon ausgehen, dass Kunden zum Erscheinungstag keine 600 Dollar ablegen werden müssen, wollen sie die nächste Generation der Games erleben.

Ein anderes Ziel

Der Prototyp für das, was man sich unter der Designphilosophie hinter der neuen PlayStation vorstellen kann, ist Sonys Handheld-Konsole PS Vita. Obgleich Kritikern aufgrund schwacher Verkaufszahlen und starker Mobile-Konkurrenz auch hier Tür und Tor geöffnet wird, hat Sony bei der Entwicklung PS Vita vieles richtig gemacht - so zu sagen ein richtiges Produkt zur falschen Zeit. Denn anstelle ein technologiegetriebenes System zu konzipieren, gaben Sonys Spielestudios und nicht die Ingenieure bei der Entwicklung der Hardware den Ton an. Das Ergebnis ist eine Konsole, die Spielern die mobilen Spielträume erfüllt und Entwicklern das Leben nicht erschwert. Alles Anzeichen dafür, dass tief im Inneren des Konzerns ein Umdenkprozess stattgefunden hat.

Keine weitere TV-Revolution?

Insofern kann man als Spieler zumindest auf eine weit weniger verquere Plattform als noch zu PS3-Zeiten hoffen. Das Wall Street Journal will erfahren haben, dass Sony einen Fokus auf die soziale Verknüpfungen von Nutzern legen wird. Ars Technica glaubt fest daran, dass die neue PlayStation eine Schlüsselfunktion in der Etablierung des nächsten TV-Standards Ultra HD einnehmen wird. Doch egal, ob sich derartige Gerüchte und Prognosen bewahrheiten werden, man kann davon ausgehen, dass dies nicht das primäre Ziel der Konsole sein wird. Die Tage, in denen die PlayStation als trojanisches Pferd für eine Technologie missbraucht wurde, sind vorbei. Und zwar deshalb, weil Sony anders als vor 13 oder sieben Jahren, keinen Technologieträger für die Zukunft, sondern einen Goldesel benötigt, der sie aus der tiefroten Gegenwart zieht. Ein Produkt, das im Moment einschlägt und sich von Anfang an zum Hit entwickelt. Und unter diesem Aspekt gibt es keinen Platz für Spekulationen mehr.

Es gibt keine Sicherheiten

Und rückblickend auf den Start der PS3 wird Sony heute überdies besser denn je wissen, dass ohne umfassendes Spielportfolio kein Einschlag möglich ist. Von daher darf man gespannt sein, wie gut zumindest die internen Entwicklungsstudios auf den Generationswechsel vorbereitet wurden.

Schlussendlich gibt es allerdings auch bei guten Produkten keine Erfolgssicherheit. Während die PS Vita mit dem Trend zu Smartphone- und Tablet-Games zu kämpfen hat, wird auch die neue PlayStation beweisen müssen, dass der Markt für traditionelle Spielkonsolen nach wie vor gegeben ist. Eine Frage, die aber alle drei großen Player - Sony, Nintendo und Microsoft - in den kommenden Jahren beantworten werden. (Zsolt Wilhlem, derStandard.at, 3.2.2013)