Vaduz/Bregenz - Schnee und Regen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass in Liechtenstein politisch der Frühling dräut. Erstmals müssen sich nach der Landtagswahl vom Sonntag vier Fraktionen die 25 Landtagssitze teilen. Die Unabhängigen, kurz DU, die sich als lose Gruppierung verstehen, schafften auf Anhieb vier Mandate. "Sprachlos" war da am Wahlabend nicht nur Listengründer Harry Quaderer, der in der vergangenen Legislaturperiode von der Regierungspartei Vaterländische Union abgesprungen war.
Die Freie Liste, bisher einzige Opposition im Kleinstaat, hatte zwei Anläufe gebraucht, bis sie 1993 zum ersten Mal die Acht-Prozent-Hürde überwand. Die Wählerinnen und Wähler hätten die politische Landschaft aufgemischt, sagt Politologe Wilfried Marxer, und das sei auch gut so. Der "wackere Denkzettel" müsse nun bei den beiden Großparteien, der Fortschrittlichen Bürgerpartei (FBP) und der Vaterländischen Union (VU), die sich aller Wahrscheinlichkeit nach wieder in der üblichen Koalition finden werden, "Kurskorrekturen" bewirken.
"Forscheit"
Die FBP hält nach dem Urnengang zehn Mandate, die VU acht. Erstmals sind die beiden mit einer starken Opposition konfrontiert. Mit insgesamt sieben Mandaten (vier DU und drei Freie Liste) könne die Regierung nun stärker kontrolliert werden, sagt Marxer.
An der Wahlschlappe von Regierungschef Klaus Tschütscher, seine VU verlor 14 Prozentpunkte, sei die "Forschheit" der Regierung mit schuld, sagt Marxer. Diese habe Landtag und Bevölkerung mit ihrem Tempo überfordert, den Landtag auch oft übergangen.
Koalitionsgespräche
Kritik an Tschütscher, der Liechtenstein zu einem modernen Finanzplatz und damit aus dem Sumpf der Offshore-Staaten bringen wollte, kam immer wieder von Finanzplatzakteuren. Zuletzt fühlte sich die Treuhänderlobby beim Steuerabkommen mit Österreich übergangen. Ob das letzte Woche zwischen den Finanzministern vereinbarte Übereinkommen vom neuen Landtag abgesegnet wird, ist noch ungewiss. Adrian Hasler (FBP), kommender Regierungschef: "In der Regel folgt das Parlament solchen Übereinkommen."
Der 48-Jährige wird nun Koalitionsgespräche mit allen Parteien führen. Dass eine andere als die VU mitregieren wird, gilt aber als unwahrscheinlich. Hat doch die große Koalition seit 1938 Tradition. Hasler: "Ich bin offen für alle, wünsche mir aber eine stabile Regierung." Das weitere Prozedere: Die Fraktionen schlagen dem Landtag das fünfköpfige Regierungsteam zur Bestätigung vor, schließlich ernennt der Fürst die Regierung. Wenn sie ihm passt. (Jutta Berger, DER STANDARD, 5.2.2013)