Washington/Sanaa/Islamabad - Die US-Regierung interpretiert die rechtlichen Kriterien für die gezielte Tötung von Terrorverdächtigen mit US-Staatsangehörigkeit offenbar deutlich weiter, als sie öffentlich zugibt. Ein Geheimpapier des US-Justizministeriums, das der TV-Sender NBC öffentlich machte, rechtfertigt Drohnenangriffe auf mutmaßliche Terroristen mit US-Pass auch dann, wenn keine Hinweise auf einen unmittelbaren Anschlag vorliegen.

Im März 2012 hatte US-Justizminister Eric Holder erklärt, die Regierung habe nur nach einer "gründlichen Überprüfung" und bei "unmittelbarer Gefahr" das Recht, US-Bürger zu töten, die an der Planung von Terroranschlägen beteiligt seien. Bedingung sei außerdem, dass eine Gefangennahme nicht möglich sei.

Klare Hinweise nicht unbedingt notwendig

In dem nun bekannt gewordenen Memo heißt es dagegen, dass das Kriterium der "unmittelbaren Gefahr" nicht bedeute, dass den Geheimdiensten klare Hinweise auf eine "spezifische Attacke" in der "direkten Zukunft" vorliegen müssten. Ausreichend für eine gezielte Tötung sei, wenn der Verdächtige "in jüngster Zeit" in terroristische Aktivitäten verwickelt gewesen sei.

Bewaffnete Drohnen gehören seit Jahren zum Arsenal der US-Armee und des US-Auslandsgeheimdienstes CIA im Kampf gegen den Terrorismus. US-Präsident Barack Obama weitete die Drohnenangriffe in seiner Amtszeit massiv aus, vor allem im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet und im Jemen. Bei den Angriffen werden immer wieder auch US-Bürger getötet, etwa der radikale Islamist Anwar al-Awlaki im September 2011 im Jemen. US-Bürgerrechtler kritisieren, dass die Regierung mit den Tötungen ohne Prozess gegen die Verfassung verstoße. (APA, 5.2.2013)