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Flughafen Burgas in Bulgarien am 18. Juli 2012: Fünf Israelis und der Chauffeur starben beim Anschlag auf diesen Reisebus.

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Stephan Grigat: Hisbollah als Terrorgruppe einstufen.

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Die bulgarische Regierung hat ihren Untersuchungsbericht über die Ermordung von fünf israelischen Touristen und einem Bulgaren im Juli 2012 in der Schwarzmeerstadt Burgas veröffentlicht und genau das festgestellt, was zahlreiche Sicherheitsexperten von Anfang an gesagt haben: dass die libanesische Hisbollah für diesen Anschlag in einem EU-Mitgliedsland verantwortlich ist. Vor diesem Hintergrund fragt sich, warum solch eine Organisation in der EU und in Österreich weiterhin legal ist und ungestört Gelder für ihren Djihad sammeln kann?

Die libanesische Hisbollah wurde maßgeblich vom iranischen Regime aufgebaut und wird bis heute von ihm finanziert und bewaffnet. Sie vertritt eine offen antisemitische, auf die Vernichtung Israels abzielende Ideologie und propagiert die gesellschaftspolitischen Vorstellungen des Islamismus: systematische Diskriminierung von Frauen, Verfolgung von Homosexuellen, Gewalt gegen Andersdenkende, Errichtung eines schiitischen Gottesstaates. Derzeit ist sie aktiv an der Niederschlagung des Aufstandes gegen ihren langjährigen Verbündeten, die baathistische Assad-Diktatur in Syrien, beteiligt.

In den USA wird die Organisation seit 1997 als terroristische Organisation eingestuft. Auch Israel, die Niederlande und Kanada betrachten die Miliz als Terrororganisation. Australien und Großbritannien stufen den militärischen Flügel der Hisbollah als terroristische Organisation ein. Sie ist für zahlreiche Anschläge auf der ganzen Welt verantwortlich: Von der Ermordung von US-Amerikanern und Franzosen im Libanon in den 1980er-Jahren über den Bombenanschlag auf das jüdische Gemeindezentrum in Buenos Aires 1994, bei dem 85 Menschen ermordet wurden, bis zum Attentat auf iranische Oppositionelle 1992 in Berlin. Zahlreiche Sicherheitsexperten vermuten sie auch hinter Anschlagsversuchen in Zypern, Aserbaidschan, Indien und Thailand im vergangenen Jahr. Das Europäische Parlament sprach bereits 2005 von "eindeutigen Beweisen für terroristische Aktivitäten der Hisbollah". Laut deutschem Verfassungsschutz halten sich alleine in der Bundesrepublik knapp 1000 Hisbollah-Mitglieder auf. Im österreichischen Verfassungsschutzbericht wird die Organisation gar nicht erst erwähnt.

Die Weigerung der Europäer, die Hisbollah zu verbieten, führt immer wieder zu Irritationen im atlantischen Verhältnis: Im August 2012 warnte das US-Außenministerium vor Anschlägen der Hisbollah in Europa, die jederzeit möglich seien. Im Oktober 2012 forderte die Obama-Administration die EU nachdrücklich auf, die Hisbollah als terroristische Organisation einzustufen, da deren Legalität in Europa die internationalen Bemühungen zur Bekämpfung des Terrors unterminiere.

Noch im Juli 2012 hat es die EU abgelehnt, die Hisbollah auf die Liste terroristischer Organisationen zu setzen. Doch seitdem wurden zahlreiche Stimmen laut, diese Entscheidung zu revidieren: Der britische Außenminister hat sich für ein Überdenken der EU-Position ausgesprochen. Der niederländische Außenminister hat ebenso ein Verbot der Hisbollah gefordert wie der außenpolitische Sprecher der deutschen Unionsparteien. Zuletzt haben sich der ehemalige spanische Premier José María Aznar und der Friedensnobelpreisträger und ehemalige nordirische Regierungschef David Trimble in der Londoner Times in aller Deutlichkeit für ein Verbot der als langer Arm der iranischen Mullahs agierenden Islamisten ausgesprochen. Diese Stimmen sollten von der österreichischen Außenpolitik nicht nur nicht ignoriert, sondern unterstützt werden.

Die in bisherigen Diskussionen über ein Verbot der Hisbollah in der EU angeführte vermeintliche Trennung in einen bewaffneten und einen politisch-sozialen Flügel ist unsinnig. Sie wird von der Hisbollah selbst in ihrem Gründungsmanifest verneint, wenn sie schreibt: "Unser militärischer Apparat ist nicht von unserem sozialen Gefüge getrennt. Jeder von uns ist ein kämpfender Soldat." Der Parlamentarismus wird von der Hisbollah als temporär nützlich für die Festigung der eigenen Machtposition betrachtet, nicht als Alternative zum bewaffneten Kampf, weshalb sie ihre Waffen auch trotz anderslautender Versprechen wiederholt bei innerlibanesischen Machtkämpfen eingesetzt hat.

Ein Verbot der Hisbollah würde es ermöglichen, ihr Vermögen in Europa einzufrieren, sie am Sammeln von Spenden zu hindern, das öffentliche Werben für die Organisation - wie zuletzt beim Al-Quds-Marsch im August 2012 in Wien, bei dem Fahnen der Hisbollah mitgeführt wurden - zu unterbinden und die Verbreitung ihrer Propaganda über den Sender Al Manar, der in Deutschland 2009 verboten wurde, zu verunmöglichen.

Die österreichische Politik sollte sich auf EU-Ebene für ein sofortiges Verbot der Hisbollah einsetzen. Zudem gilt es, unilaterale Schritte gegen die Schiiten-Miliz zu setzen: ihre Aktivitäten in Österreich in Zukunft im Verfassungsschutzbericht zu dokumentieren, die durch die Organisation direkt oder über Vorfeldorganisationen betriebene Sammlung von Spenden zu unterbinden, Werbung und Unterstützung für die Hisbollah wie das öffentliche Zeigen ihrer Fahnen und Symbole zu verhindern und die Verbreitung ihrer Propaganda über Sender wie Al Manar und andere Kanäle zu verhindern und unter Strafe zu stellen.

Sollte diese iranische Vorfeldorganisation nicht verboten werden, droht eine Situation, in der Europa und auch Österreich weiterhin als Rückzugsraum und Betätigungsfeld für islamistische Terrororganisationen dient - und, wie man am aktuellen Bericht der bulgarischen Regierung abermals sehen kann, auch zum Ort von Anschlägen. (Stephan Grigat, DER STANDARD, 8.2.2013)