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Sechs Jahre lang hat sich Berglandmilch mit Lebensmittelhändlern bei den Preisen abgesprochen. Jetzt zahlt die Molkerei Bußgeld.
Wien - Sieben dürre Zeilen: Mehr war der Wettbewerbsbehörde zum Preiskartell des Marktriesen Berglandmilch nicht zu entlocken. Die weiteren Beteiligten blieben ebenso ungenannt wie Details über Art und Weise ihrer unerlaubten Absprachen. Keinerlei Angaben über das Ausmaß der Preisaufschläge, die betroffenen Produkte und den Schaden für Österreichs Konsumenten. Auch die Höhe des Bußgeldes von 1,125 Millionen Euro blieb gänzlich unbegründet.
Herbert Tumpel ist empört und fordert die Möglichkeit zu Akteneinsicht. 40 Seiten dick seien die Veröffentlichungen Brüssels nach Kartelluntersuchungen. Deutsche Kartellwächter agierten ähnlich, während man in Österreich über den Ermittlungsausgang nur Vermutungen anstellen könne, sagt der Arbeiterkammer-Präsident. Es brauche Transparenz, damit die Sache nicht im Sand verlaufe. Ansonsten werde es weiterhin verbotene Preisabsprachen geben.
Tumpel hält die Strafe für den Milchverarbeiter mit Marken wie Tirol Milch, Latella und Schärdinger zudem für zu niedrig. Bei Aufschlägen von "angenommen fünf Prozent" summiere sich der Schaden über die betroffenen sechs Jahre auf 150 Millionen Euro. Studien europäischer Wirtschaftsforscher zufolge belaufe sich der Kartellzuschlag im Schnitt sogar auf rund 20 Prozent des Kaufpreises.
"Alle wesentlichen Punkte wurden publiziert", weist eine Sprecherin der Bundeswettbewerbsbehörde die Kritik zurück. Dass weitere betroffene Parteien nicht näher genannt wurden, das liege an den noch laufenden Verfahren.
Gefilzt
Bei Rewe sind die Ermittlungen, knapp ein Jahr nachdem der Handelskonzern gefilzt wurde, nach wie vor nicht abgeschlossen. Bei Spar ging die Hausdurchsuchung nach acht Tagen diese Woche zu Ende. Insgesamt fanden in der Lebensmittelbranche im Vorjahr 16 Razzien statt, unter anderem auch bei MPreis und Sutterlüty.
Das exakte Schadensausmaß zu errechnen sei aufgrund der Komplexität der Absprachen äußerst schwierig, heißt es in der Behörde. Die Höhe des Bußgeldes orientiere sich letztlich an Faktoren wie der Schwere des Vergehens, den betroffenen Märkten, an Kooperationsbereitschaft und Einsicht.
Das Geld fließt in das allgemeine Budget des Justizministeriums. 92 Millionen seien so in den vergangenen zehn Jahren zusammengekommen, rechnet Tumpel vor. Aus seiner Sicht sollten es die geschädigten Konsumenten als Wiedergutmachung erhalten.
Die Vereinigung der Milchverarbeiter sieht in der Kritik der Ar- beiterkammer eine "verwerfliche Kampagne". Milchprodukte seien heute vielfach billiger als vor 30 Jahren und in Österreich auch im EU-Vergleich günstig. Molkereien arbeiteten mit minimalem Ertrag.
Wolfgang Pirklhuber von den Grünen fordert für die Berglandmilch Konsequenzen in der Genossenschaft. Das Controlling ihres Revisionsverbandes gehöre geprüft. Von der marktbeherrschenden Stellung seien Konsumenten wie Landwirte betroffen.
Was den Ausgang von Kartellermittlungen betrifft, hat Michael Böheim, Wettbewerbsexperte des Wifo, ebenfalls Bedenken. Verhandlungslösungen, wie sich nun auch bei Rewe abzeichnen, seien generell intransparent. "Es gibt einen Deal, und das war's dann." Weit sinnvoller, da offener, sei ein kartellrechtliches Verfahren, "das natürlich auch mit einem Freispruch enden kann". (Verena Kainrath, DER STANDARD, 8.2.2013)