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Ratspräsident Herman Van Rompuy hatte schon einige Vorschläge auf den Tisch gelegt. Der letzte hat offenbar Zustimmung gefunden.

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Einander richtig nahe kommen ist bei solche großen Themen nicht ganz einfach: Ratspräsident Herman Van Rompuy (von links) Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite, Angela Merkel, der finnische Premierminister Jyrki Katainen, Österreichs Kanzler Werner Faymann und der griechische Premier Antonis Samaras.

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Gipfel-Familienfoto mit Parlamentspräsident: Vordere Reihe (v. li.): Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite, Frankreichs Präsident Francois Hollande, Parlamentspräsident Martin Schulz, Griechenlands Premier Antonis Samaras, Lettlands Premier Valdis Dombrovskis. Hintere Reihe (v. li.): Portugals Premier Pedro Passos Coelho, Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel, Finnlands Premier Jyrki Katainen, Österreichs Kanzler Werner Faymann, Bulgariens Premier Bojko Borissow und Estlands Premier Andrus Ansip.

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Grafik: APA

Brüssel - Die 27 EU-Regierungen haben nach Angaben von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy eine Einigung über den EU-Haushalt bis 2020 erreicht. "Deal Done" twitterte Van Rompuy am Freitagnachmittag von Brüssel aus.

Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs haben sich nach 26-stündigen Marathonverhandlungen auf die Finanzierung der EU geeinigt. Der EU-Gipfel beschloss für das siebenjährige Budget eine Ausgabenobergrenze von 959,988 Milliarden Euro in Verpflichtungsermächtigungen. Damit sei das EU-Budget auf 1,0 Prozent der europäischen Wirtschaftsleistung real gekürzt worden, sagte Van Rompuy nach dem Ende der Beratungen am Freitag. In tatsächlichen Zahlungen liegt die Obergrenze bei 908,4 Milliarden Euro.

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßte das "Ergebnis zu 27" beim EU-Finanzgipfel in Brüssel. Dies sei eine "entscheidend Etappe", die endgültige Einigung müsse mit dem Europaparlament gefunden werden. "Aus meiner Sicht ist diese Einigung gut und wichtig", sagte Merkel. Europa habe damit Handlungsfähigkeit und Planbarkeit bewiesen. Die Einigung zeige eine "gemeinsame Verantwortung europäischer Leader", sagte Van Rompuy. Das Budget sei zukunftsorientiert, realistisch und von gegenwärtigen Sorgen angetrieben.

Grundlage für Verhandlungen mit Parlament

EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso sagte, das Budget liege unter den Erwartungen der EU-Kommission. Das Budget könne aber dennoch als Katalysator für Wachstum und Beschäftigung dienen. Es sei eine Grundlage für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament.

Österreichs Kanzler Werner Faymann zeigt sich zufrieden, dass die Nettobeiträge Österreichs bei 0,31 Prozent liegen werden. Immerhin "sind wir das drittreichste Land pro Kopf in der EU". Zufrieden ist der Kanzler auch damit, dass sechs Milliarden Euro für die Jugendbeschäftigung verwendet werden. Zur ländlichen Entwicklung betonte er, dass "die 700 Millionen Euro, die wir zusätzlich das letzte Mal erhalten haben, wir auch ins Ziel brachten". Darüber hinaus gebe es auch einen "schönen Erfolg" für die Verteidigung des Rabatts, wo es ebenfalls über die sieben Jahre 700 Millionen Euro gebe, wobei in der Schlussphase zusätzlich noch 60 Millionen Euro als Pauschale dazugekommen seien. Wenn man davon ausgehe, dass bei den 0,31 Prozent der Wirtschaftsleistung Österreichs an Beiträgen an die EU die Kommission die tatsächlich anfallenden Beiträge mit 0,24 Prozent schätze, würde das über die nächsten sieben Jahre lediglich 790 Millionen Euro pro Jahr für Österreich bedeuten. "Das ist ein durchaus vertretbarer Betrag". Immerhin habe Österreich die Verhandlungen mit 0,37 Prozent begonnen. Das nun erzielte Ergebnis sei "herzeigbar".

Verhandlungsmarathon

Nach einem nächtlichen Verhandlungsmarathon haben sich die Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Länder schon am Vormittag im Grundsatz auf das EU-Budget der kommenden Jahre geeinigt. Van Rompuy hatte am Nachmittag einen letzten Kompromissvorschlag gemacht. Der bis dahin vierte Entwurf wurde dann den 27 Oberhäupter präsentiert. Ungemach drohte zuletzt vom EU-Parlament, Parlamentspräsident Martin Schulz warnte vor einem Veto, weil das vorliegende Budget zu niedrig sei. Zuletzt lag für den Finanzrahmen der Jahre 2014 bis 2020 eine Summe von 960 Milliarden Euro an Verpflichtungsermächtigungen auf dem Tisch. Diese 960 Milliarden sollten auch die Obergrenze für den neuen Finanzrahmen sein.

Swoboda und Karas lehnten Budgetvorschlag ab

Für den Parlamentspräsidenten blieb mit dieser Einigung eine Finanzierungslücke von 52 Milliarden Euro übrig. "Das findet keine Zustimmung des Europäischen Parlaments", sagte Schulz am Vormittag. Ein Defizit sei in Brüssel verboten. "Ich sehe nicht, wie das eine Mehrheit finden soll." Das sei keine seriöse Politik, die Einigung sei ein "unglaubliches Täuschungsmanöver". "Wir sind ja nicht gegen Kürzungen", sagte Schulz. "Aber wir beschließen gerade einen Defizithaushalt, und das ist in der EU juristisch verboten."

Hannes Swoboda zeigte sich am Vormittag ebenfalls enttäuscht. Auf Nachfrage von derStandard.at sagte der sozialdemokratische Fraktionschef im EU-Parlament, er halte nicht viel von dem Budgetvorschlag, der derzeit auf dem Tisch liege. Es sei kein modernes, zukunftsträchtiges Budget. Der Plan beinhalte zu wenig Flexibilität und widme sich zu wenig den Fragen von Beschäftigung und Wachstum. Der SPÖ-Politiker fordert zudem eine Revisionsklausel und stellte die Sinnhaftigkeit eines siebenjährigen Finanzrahmens infrage. Angesichts der derzeitigen wirtschaftlichen Entwicklung in Europa könne man nicht sagen, was in zwei Jahren nötig sei. Im übrigen lägen zwei EU-Parlamentswahlen dazwischen.

Sollte das Parlament tatsächlich gegen den Budgetvorschlag stimmen, würde der Europäische Rat entweder einen neuen Vorschlag einbringen müssen, oder die Union würde mit jährlichen Budgets weiterarbeiten, erklärte Swoboda. Auch der Vizepräsident des EU-Parlaments und ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas war dieser Meinung, in einer Aussendung bezeichnete er den Budgetvorschlag als "Mogelpackung".

Zäher Anlauf

Der EU-Gipfel, der am Donnerstag begonnen hatte, war der zweite Anlauf der 27 Regierungen, eine Einigung zu finden. Die Beratungen verliefen äußerst zäh. Nach stundenlangen Vorgesprächen der Staats- und Regierungschefs im kleinen Kreis begann der Gipfel offiziell erst mit sechsstündiger Verspätung. Zunächst versuchten unter anderen die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Francois Hollande, der britische Premierminister Cameron, Van Rompuy und EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, Lösungsmöglichkeiten auszuloten. Die Kluft zwischen den Nettozahler- und Nettoempfängerländern war groß. Vor allem Großbritannien bestand auf kräftigen Abstrichen von dem im November diskutierten Vorschlag.

Strittig waren dabei neben der Gesamthöhe auch die Verwendung des Geldes zwischen den verschiedenen Etatposten wie Landwirtschaft und Forschung sowie eine faire Lastenverteilung unter den Nettozahlerländern. (APA/red, derStandard.at, 8.2.2013)