Die simvalley PW-315.touch im Test.

Foto: derStandard.at/Pichler

Dicht drängen sich die beiden Steckplätze im Inneren. Der Akku liegt darüber.

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Selbst im Vergleich mit einer recht großen Armbandihr macht sich die "Handy-Uhr" von Pearl noch ziemlich klobig aus.

 

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Das mitgelieferte Headset wird per microUSB angeschlossen.

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Der Musikplayer ist extrem rudimentär gehalten.

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Gleiches gilt für die Video-App, die im Test dazu keines von drei Videos flüssig wiedergeben konnte. Das Ansehen von Filmen macht auf 1,54 Zoll aber ohnehin kaum Sinn.

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Kommunikationslösungen für das Handgelenk sind im Internet seit dem großen Erfolg der "Pebble"-Smartwatch in vieler Munde. Einige andere Hersteller halten mittlerweile mit eigenen Ideen dagegen. Für knapp 80 Euro bietet der Online-Händler Pearl nun ein Gerät der Marke simvalley für den kleineren Geldbeutel. Wir haben die als "Handy-Uhr" vermarktete PW-315.touch einem Probelauf unterzogen, das Testmuster wurde uns von direkt von Pearl zur Verfügung gestellt.

Alles in Einem

Das Gerät versteht sich, etwa im Vergleich zur "Pebble", nicht als Verlängerung des Smartphones, sondern als eigenständige Telefonielösung. Dementsprechend findet sich auf dem engen Raum unter der Rückseite neben einem microSD-Slot ein Einschub für eine SIM-Karte normaler Größe. Das Einschieben von Telefon- und Speicherkarte gestaltet sich etwas mühselig. Beide verbergen sich nach dem Wiederzusammenbau unter dem Akku.

Die Technik steckt in einem solide verarbeiteten Plastik-Case mit einem abstehenden, etwas billig wirkenden Mini-Lautsprecher. Die PW-315 hängt an einem angenehm zu tragenden Silikon-Armband mit metallener Schnalle und Nadel.

Solide Verarbeitung, klobiger Armschmuck

Die Uhr kommt in einer länglichen Packung daher, welche die Uhr selbst, den Akku, ein USB-Headset sowie eine Kurzanleitung enthält. Letztere ist aufgrund der winzigen Schriftgröße nur äußerst mühsam zu lesen. Ein Ladegerät fehlt (ist jedoch optional erhältlich), der Akku wird über den microUSB-Port an der Seite des Uhrrahmens mit Energie versorgt. Die 350 mAh sollen für 60 stunden Standby oder 160 Sprechminuten reichen. De facto muss das Gerät bei normaler Nutzung am Abend wieder ans Kabel.

Die Uhr selbst liefert ein 1,54 Zoll großes, quadratisches Touchdisplay mit einer Auflösung von 240 x 240 Pixel. Die Darstellung mit ordentlichen 220 PPI liefert passable Farbokntraste bei akzeptablen Neigungswinkeln. Die Konstruktion ist recht groß geraten (40 x 44 x 13 mm), wie sich im Vergleich mit einer konventionellen Digital-Armbanduhr erkennen lässt. Der Schmuckeffekt dürfte sich bei Menschen mit zierlichen Händen in Grenzen halten.

Sieben Apps

Die offiziellen Produktbilder erwecken ein wenig Eindruck, als würde das Gerät mit Android 2.3 laufen. Dem ist allerdings nicht so, es kommt ein proprietäres Betriebssystem zum Einsatz. Dieses bringt neben den Standardfunktionen Telefonie, Kontakte und SMS auch noch sieben Apps mit. Diese umfassen Player für Videos und Musik, einen Bildbetrachter, Wecker, Stoppuhr und ein Radio, das aber nur bei Anschluss des USB-Headsets verwendet werden kann.

Die Handy-Uhr als Insel

In Sachen Konnektivität ist die Handy-Uhr stark eingeschränkt. Zwar lässt sich einen Datenkonto einrichten, ein Modem dürfte es aber nicht geben. In den Einstellungen finden sich auch Konfigurationsmöglichkeiten für eine zweite SIM-Karte, für die es in der Uhr aber keinen Steckplatz gibt. Dies aber nur als Randnotizen, denn Pearl verspricht weder mobilen Internetzugang noch Dual-SIM.

Verbindung zum PC stellt das Gerät als Massenspeicher (sofern eine microSD-Karte mit bis zu 32 GB eingelegt ist) via microUSB her, wobei die der integrierte Cardreader selbst auf einer Class 10-microSD im Schnitt nur eine Transfergeschwindigkeit von 500 Kilobyte pro Sekunde zuließ. Beim Vergleichstest mit einem Datentransfer auf die Karte direkt über einen im PC integrierten Reader waren fünf bis sechs Megabyte die Sekunde, also die zehnfache Geschwindigkeit, möglich.

Zum Kontakt mit anderen Geräten hat die Uhr auch ein Bluetooth-Modul. Da das mitgelieferte Accessoire aufgrund seines Kabels in der Praxis wenig Freude bereitet, ist ohnehin die zusätzliche Anschaffung eines Bluetooth-Headsets ratsam.

Telefonie und Kontaktverwaltung

Wer ein modernes Smartphone besitzt und seine Kontakte nicht mehr direkt auf der SIM-Karte speichert, sondern etwa bei Google oder in der iCloud hinterlegt, hat mit der PW-315 ein gravierendes Problem. Das Gerät beherrscht nämlich keinerlei Importfunktion.

Sind die Kontakte nicht auf der SIM, müssen sie mühselig wieder eingegeben werden und finden sich danach wahlweise auf Telefonkarte oder im Speicher der Handy-Uhr wieder. Auf die SIM passen insgesamt bis zu 250, auf das Telefon zusätzlich 300 Kontakte. Immerhin können Einträge von beiden Speicherorten hin- und herkopiert und auch gelöscht werden.

Die Gesprächsqualität ist mit dem mitgelieferten Zubehör durchschnittlich und hängt sonst eben stark vom jeweils verwendeten Headset ab. Wer will, kann auch dank Lautsprecherausgabe direkt mit seinem Arm kommunizieren. Dies ist allerdings – auch wegen dem eher leisen und verrauschten Ton – keine alltagsreife Methode und sollte Filmhelden wie Michael Knight vorbehalten bleiben.

Gut gelöste Navigation

Das Display des Telefons zeigt im laufenden Betrieb nach betätigen des Einschaltknopfes die aktuelle Uhrzeit, wahlweise in digitalem Format oder einem analogen Look. Per Wischgeste erreicht man das Menü, das pro Bildschirm vier Einträge bietet. Die Navigation funktioniert auf dieser Ebene schnell und durchdacht. Ab und an reagiert der Touchsensor jedoch übersensibel.

Für die Apps lässt sich dieser Eindruck leider nicht immer bestätigen. Die Knöpfe des Dialers sowie die Einträge im Kontakte- und Nachrichtenmenü sind groß genug geraten, um sie recht zuverlässig zu treffen. Auch die Onscreentastatur , die faktisch wie die Eingabe eines Featurephones arbeitet, ist den Verhältnissen entsprechend gut gelöst.

App-Sammlung zwischen nett und sinnlos

Einige Steuerelemente der anderen Apps sind aber zu klein ausgefallen. Darunter fallen etwa die vier Tasten der "n-way"-Stoppuhr oder die Lautstärkeregelung von Musik- und Videoapp. Die letztgenannten Beiden sind im Umfang äußerst rudimentär gehalten. Der Konsum von Videos ist in Anbetracht des kleinen, quadratischen Bildschirms ohnehin nicht zu empfehlen, weswegen die Interfaceschwächen hier nicht so ins Gewicht fallen. Dazu stockten Bild und Ton der Wiedergabe im Test auch bei niedrig aufgelösten AVIs.

Freund von mobilem Musikkonsum werden aber nicht glücklich damit sein, dass lediglich grundsätzliche Abspieloptionen vorhanden sind. Das Anlegen oder Einlesen von Playlisten beherrscht die PW-315 nicht. Ebenfalls kein Featuremonster ist der Bildbetrachter. Auch dessen Nutzen ist beschränkt, zumal die Uhr keine eigene Kamera besitzt.

Umfangreicher ist die Weckeranwendung. Sie bietet mehrere frei konfigurierbare Alarme, für welche sich jeweils Wochentage und Uhrzeit festlegen lassen. Neben einer Reihe voreingestellter Klingeltöne kann man sich auch mit einer der eigenen Musikdateien (MP3, OGG, WAV, MIDI) aus den Federn scheuchen lassen.

Fazit: Ein Experiment auf der Suche nach der Zielgruppe

Wer bereits ein Smartphone besitzt, findet in der PW-315.touch mit Sicherheit keine Alternative. Zu gering ist der Funktionsumfang des nicht erweiterbaren und rein offline betriebenen Systems. Erschwerend gesellt sich der Mangel an Importmöglichkeiten für Kontakte sowie das Fehlen einer Anbindung an Android-Telefone, iPhones oder andere gängige Geräte hinzu.

Doch auch wer noch ein Featurephone sein Eigen nennt, wird mit dem Gerät wohl nur glücklich, wenn er oder sie viel Wert darauf legt, ein kleines Gerät am Handgelenk mitführen zu können und dafür das zusätzliche Mitführen eines Headsets in Kauf nimmt. Ansonsten ist die Handy-Uhr featuretechnisch auch den meisten konventionellen Mobiltelefonen unterlegen und muss noch dazu öfter aufgeladen werden. Letztlich wird also auch diese mögliche Zielgruppe nicht gut bedient.

In der aktuellen Form muss der Versuch, eine All-in-One Lösung im Armbanduhr-Format zu bauen, als weitestgehend gescheitert angesehen werden. Es bleibt abzuwarten, ob sich Konzepte wie die Neptune Pine hier besser bewähren können. (Georg Pichler, derStandard.at, 3.3.2013)