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Foto: APA/Ali Ali

Pferdefleisch ist reich an Eisen, und 100 Gramm enthalten durchschnittlich nur 3,5 Gramm Fett. Laut Experten ist Pferdefleisch hinsichtlich Qualität und Geschmack anderen Fleischsorten nicht unterlegen. Trotzdem konsumieren die Fleischesser in Mitteleuropa viel weniger Pferd im Vergleich zu Schwein oder Kuh.

Kirche gegen dunkles Fleisch

In Österreich werden durchschnittlich kaum mehr als 50 Gramm pro Kopf und Jahr vertilgt, nur etwa 1.000 Pferde wurden im Jahr 2011 laut Statistik Austria geschlachtet. Zum Vergleich: Insgesamt isst ein Österreicher 70 Kilogramm Tier pro Jahr. Auch Schlachtung, Verarbeitung und Verkauf erfolgen meist getrennt von anderen Fleischprodukten. Genießen Pferde wirklich bei der breiten Bevölkerung einen so hohen Sympathiewert, der ihnen den Schlachter erspart? Als Grund sehen viele Experten viel mehr ein Verbot durch die Kirche im achten Jahrhundert, das bis heute als emotionale Ablehnung durch die Bevölkerung nachwirkt.

In christlich geprägten Ländern spiegelt sich das auch historisch in der Gesetzgebung wider, wie Ulrike Gudehus in ihrer Dissertation über Pferdeschlachtung und Pferdefleischkonsum in Deutschland herausfand. Geschichtlich gesehen wurde das relativ dunkle Fleisch nicht immer abgelehnt. Es gilt als eine der ältesten Speisen tierischen Ursprungs. Wie Knochenfunde nahelegen, gehörte der Einhufer schon in der Frühzeit zu den Jagdobjekten des Menschen. Vor allem im Sommer wurden vermehrt Wildpferde gejagt.

Pferde bei Germanen Kulttier

In Mitteleuropa wurde das Pferd schon ab etwa 3000 vor unserer Zeit unter anderem für die Fleischgewinnung domestiziert. Die Bedeutung als Reit- und Zugtier bekam es erst danach. Bei den Griechen und Römern war Pferdefleisch weniger üblich. Anders war das bei germanischen Stämmen: Ihnen galt das Pferd als Nahrungsquelle und vornehmstes Opfertier. "Das Blut wurde aufgefangen, über die Teilnehmenden und im Tempel versprüht. Das Fleisch der Opfertiere wurde in einem Kessel in der Saalmitte gegart und nach der Weihung gemeinsam verspeist", schreibt Gudehus.

Christliche Speisegesetze gegen "Götzenfleisch"

Die christlichen Speisegesetze sorgten aber für immer mehr Einschränkungen beim Verzehr von "Götzenfleisch heidnischer Opfer", wie der deutsche Autor Peter Peter in seiner "Kulturgeschichte der deutschen Küche" berichtet. Im Jahr 732 schließlich verbot Papst Gregor III. den Verzehr von Pferdefleisch generell.

Grund war wohl die Unterdrückung des heidnischen Opferwesens im Zuge der Christianisierung der Germanen. Gregor III. bezeichnete das Fleisch als "unrein und verabscheuungswürdig", wie Ulrike Gudehus schildert. Dieses Verbot wurde später auch auf Vögel und Hasen ausgeweitet. Daher spielte Pferdefleisch im Mittelalter als Nahrungsmittel kaum eine Rolle.

Lang anhaltendes Verbot durch den Papst

Das Verdikt des Papstes erwies sich als zählebig, wie Peter Peter schreibt: "Erst 1841 wurde Pferdefleisch als normale Handelsware in Deutschland zugelassen, erst 1973 die rechtliche Diskriminierung von Pferdefleisch im Gastgewerbe völlig abgeschafft." In Wien wurde laut Gudehus 1850 eine "Pferdefleischbank" eröffnet.

Alte Tiere wurden von Armen verzehrt

Die Renaissance im 19. Jahrhundert kam nicht zuletzt wegen der schlechten wirtschaftlichen Lage zustande. Mitverantwortlich war unter anderem die Teuerung in den Jahren 1816 und 1817 infolge der Napoleonischen Kriege. Bei den verzehrten Tieren handelte es sich meist um alte oder abgewirtschaftete Tiere.

Zu dieser Zeit bekam Pferdefleisch auch seinen Ruf als "Armeleuteessen".  Was damals ebenfalls zum ersten Mal auftauchte, waren Betrüger, die Pferdefleisch als Rindfleisch ausgaben.

Ausschreitungen wegen Pferdefleischs

Die Fleischer reagierten aber mit heftiger Ablehnung auf die Wiedereinführung von Pferdefleisch. Im Rahmen eines Pferdefleischessens sei es in Berlin 1847 sogar zu Ausschreitungen gekommen, berichtet Gudehus. Daraus entstand die Idee, das Schlachten von Pferden speziellen Pferdemetzgern zu überlassen. Erst seit 1993 ist es in Deutschland gestattet, Pferdefleischprodukte gemeinsam mit anderen Fleischwaren zu verkaufen.

Anti-Pferdefleisch-Bewegungen

"Non, un cheval ça ne se mange pas", diesen Spruch kann man in Frankreich auf T-Shirts, Buttons und Aufklebern finden. Er bedeutet "Nein, ein Pferd isst man nicht" und symbolisiert die agile Anti-Pferdefleisch-Bewegung.

Auch in den USA gibt es eine Gegenbewegung mit dem Namen "Stop the Horseslaughter". Sie konnte bereits ein Verzehrverbot in einigen Bundesstaaten erwirken. Eine halb ausgegorene Gesetzgebung, wie Tierschützer kritisieren: Die Schlachtung von Pferden für die Produktion von Tierfutter und Klebstoff ist nach wie vor erlaubt. Zudem sind die USA mit rund 50.000 Tonnen jährlich weiterhin der größte Exporteur von Pferdefleisch. (Julia Schilly, derStandard.at, 12.2.2013)