Christian Skalnik ist seit 2008 Chefredakteur von kurier.at und Mitglied der "Kurier"-Chefredaktion. Zuvor leitete er beim Magazin "Profil" das Ressort Inland und war Mitgründer eines Redaktionsbüros.

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Noch sind die Online-Redakteure den Großteil der Zeit unter sich, doch das soll sich 2013 sukzessive ändern.

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Ein Gruppenbild der anwesenden kurier.at-Redakteure inklusive Online-Chefredakteur Christian Skalnik.

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Die Tageszeitung "Kurier" hat in den vergangenen Jahren Zeichen gesetzt, den digitalen Wandel nicht verschlafen zu wollen. So wurden Führungskräfte  ausgetauscht und Mitarbeiter abgebaut.

Die Online-Redaktion war von den Kürzungen nicht betroffen, schließlich besteht der Wunsch nach einer Verschmelzung der Arbeitsvorgänge von Print und Online. "Wir sind formal zwei getrennte Firmen und daher zwei Redaktionen, aber wir haben einen eindeutigen Beschluss, alle unsere Produkte zukünftig aus einer Redaktion zu bespielen", erläutert Online-Chefredakteur Christian Skalnik die geplante Entwicklung zur integrierten Redaktion, "Wir wollen die Geschwindigkeit und Universalität der Online-Truppe mit der Kompetenz und dem Spezialistentum im Print vereinen. Das umzusetzen wird uns dieses Jahr sicherlich am intensivsten beschäftigen."

Integration in vollem Gange

Nach dem Motto "Der Raum prägt die Kommunikation" treffen die Nachrichten-Redaktionen bereits jetzt täglich während der Print-Produktion im gemeinsamen Newsroom aufeinander. Allein das habe schon eine beachtliche Verbesserung der Kommunikation gebracht, erzählt Skalnik.

Andere Ressorts wie Kultur und Sport sind zur besseren Koordination schon räumlich zusammengezogen. In der Chronik soll die Integration noch einen Schritt weiter gehen: In wenigen Wochen wird das Print-Ressort, unterstützt durch Online-Kollegen, den Web-Channel ganz autark bespielen.

Um den Print-Kollegen das digitale Handwerk schmackhafter zu machen, werden Weiterbildungen in Form von Storytelling- und CMS-Schulungen angeboten. Begleitend dazu bedürfe es aber "vieler, vieler Gespräche", sagt Skalnik: "Wie in jedem Haus sind auch hier Kräfte des Fortschritts und Kräfte des Beharrens am Werk."

Bezahlwillige "Kurier"-Leser

Der Gratismentalität, einer weiteren viel beklagten Digitalhürde für Printmedien, hat der "Kurier" erst vor wenigen Wochen den Kampf angesagt. Mit einem nach hinten verlegten Blattschluss und dem parallel dazu gelaunchten E-Paper-Angebot zum Preis von zwei Euro pro Monat soll getestet werden, ob sich die Bezahlhemmung im Internet umgehen lässt. Zahlen will Skalnik allerdings noch keine nennen.

"Ich glaube, dass der Anmeldeprozess oft die größere Hürde ist als die Höhe des Preise. Und am schwierigsten ist natürlich die psychologische Hürde, in einer gratis gehaltenen Welt hinter eine Bezahlschranke zu gehen, " erklärt der Chefredakteur den Hintergrund des e-Abos. "Die reale Hürde ist oft ein Anmeldeprozess - es gibt da draußen noch Menschen, die kämpfen mit der Maus."

Das digitale Grundprogramm soll zwar aufgrund der nationalen Gegebenheiten gratis bleiben, sagt Skalnik, Markenspezifika wie Kommentare, Reportagen und Hintergrundgeschichten sollen aber zunehmend der zahlenden "Kurier"-Community vorbehalten bleiben. Aus dieser Geisteshaltung erklärt sich auch der Zugang, nicht alle Print-Artikel online zu stellen - schließlich müsse der Mehrwert für Abonnenten "bewusster zeitversetzt und abgegrenzt" werden.

Zwischen Agenturmeldung und Eigengeschichte

Für eigene Storys finden die Online-Redakteure nur selten Gelegenheit. "In den aktuellen Bereichen bleibt wenig Zeit für eigene Geschichten, der Großteil der Meldungen ist agenturgetrieben. In den übrigen Ressorts gibt es fast nur selbst recherchierte Geschichten", sagt Skalnik. Vor allem in diesem Bereich erwartet er sich vom Schulterschluss mit Print größere Spielräume.

Debatte über Klarnamen in Foren steht an

Für 2013 seien Special-Interest-Projekte angedacht, lässt der Online-Chef wissen. Vorrangig behandelt werde auch die Forenpolitik nach dem aktuellen Relaunch. Es gebe diesbezüglich "eine Diskussion mit offenem Visier", sagt Skalnik: "Ich persönlich bin bei der Klarnamenfront, kann mir aber durchaus vorstellen, dass man für die Futurezone aufgrund ihres philosophischen Hintergrunds bezüglich Datenschutz und Netzpolitik eine andere Lösung findet."

Grundsätzlich habe sich eine neue Diskussionskultur im Haus etabliert, mit dem Neuzugang Ursula Gastinger sei eine Fachfrau für die digitale Vermarktung zum Team gestoßen. Und die Zahlen würden sich nach dem Relaunch "trotz des Verzichts auf einige billige Klicks" zugunsten der Leserfreundlichkeit wieder einpendeln, sagt Skalnik. Bei den Unique Clients habe kurier.at sogar dazu gewonnen. "Ich habe damit gerechnet, dass die Page Impressions (PIs) anfangs zurückgehen werden, weil wir mit dem neuen Design auf eine deutlich bessere Usability und andere Erzählformen gesetzt haben", erklärt Skalnik die Orientierungsphase nach dem Relaunch.

Der Online-Chef sieht es trotz der Unkenrufe mancher Branchenkollegen als Vorteil, unter der Marke "Kurier" eine Mischung aus Boulevard und seriösem Journalismus anzubieten: "Als Medienmacher ist es ein großes Privileg, zu den wichtigen Themen relevante Informationen bieten und gleichzeitig Unterhaltung als gleichberechtigten Wert präsentieren zu können."

Interaktion mit dem Leser

Dieser Spannungszustand macht sich sowohl in den Social-Media-Präsenzen auf Facebook, Twitter, Google+ und Foursquare als auch in der Kommunikation mit den Usern bemerkbar. "Gerade bei dem Eisenbahnunglück vor wenigen Wochen ist es wieder passiert, dass ein User uns eine Subgeschichte durch einen Kommentar unter dem Bericht geliefert hat", berichtet Skalnik. "Das ist für mich gelebte Interaktivität, bei der Leser die Entstehung der Zeitung beeinflussen können."

Generelles Vorbild für die digitale Weiterentwicklung ist der "Guardian", als weiteres Vorbild nennt Skalnik neben anderen aber auch den STANDARD: "Meinen Studenten sage ich immer wieder: Das ist ein verdienter Erfolg, weil da jemand früher als alle anderen die Zeichen des digitalen Zeitalters erkannt hat und konsequent seinen Weg gegangen ist." (Tatjana Rauth, derStandard.at, 18.2.2013)