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Morbus Crohn und Colitis ulcerosa gelten als chronisch entzündliche Darmerkrankungen, die mit schweren Durchfällen, Schmerzen und der Notwendigkeit wiederholter Operationen einhergehen können.

Wien - 40.000 bis 80.000 Menschen leiden in Österreich an Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa - beides chronisch entzündliche Darmerkrankungen, die mit schweren Durchfällen, Schmerzen und der Notwendigkeit wiederholter Operationen einhergehen können. Die Zahl der Betroffenen steigt an, besonders stark unter Kindern und Jugendlichen, hieß es am Mittwoch anlässlich einer Pressekonferenz zum 8. Kongresses der European Crohn's and Colitis Organisation (ECCO) im Austria Center Vienna.

"Zumindest drei Millionen Menschen in Europa leiden an chronisch entzündlichen Erkrankungen. Die meisten Diagnosen werden unter Twens und Menschen um die 30 gestellt. Wir sehen aber auch einen dramatischen Anstieg bei den Kindern. In den vergangenen zehn Jahren haben die Diagnosen bei ihnen um 50 Prozent zugenommen. Viele Betroffene haben immer wieder Krankheitsepisoden, ein Viertel aber hat chronische Symptome", sagte Tine Jess, vom nationalen dänischen Gesundheits-Überwachungs- und -Forschungszentrum.

Laut Aussagen der Expertin muss etwa die Hälfte der Betroffenen innerhalb von zehn Jahren zumindest einmal im Spital aufgenommen werden. Oft folgt dann eine Operation mit Entfernung betroffener Darmabschnitte. "Die Invaliditätsrate mit drei bis sechs Wochen pro Jahr, in denen ein Patient keiner Arbeit nachgehen kann, liegt bei 34 Prozent", so Tine Jess.

Bedarf an frühen Diagnosen

Walter Reinisch, Spezialist für diese Erkrankungen an der MedUni Wien am AKH meint dazu: "Wir sehen insgesamt seit den 1950er-Jahren einen Anstieg bei chronisch entzündlichen Leiden wie Asthma, Multiple Sklerose um das Zehn- bis 15-fache." In den USA wären das 50 Millionen Menschen. Die Gründe dafür sind noch immer nicht geklärt - zudem sind diese Krankheiten nicht heilbar. Das gilt auch für Morbus Crohn und Colitis ulcerosa.

Der Experte sieht deshalb "einen hohen Bedarf an frühen Diagnosen". Je früher mit der Therapie begonnen wird, umso wirksamer ist sie auch. Zumindest weisen die dazu verfügbaren Daten darauf hin, meint der Wiener Gastroenterologe Gottfried Novacek. Das bedeutet, dass einerseits Hausärzte, die zumeist den Erstkontakt mit Betroffenen haben, die entscheidenden Verdachtsmomente kennen und erkennen sollten, in der Langzeitbetreuung dann aber auch Allgemeinmediziner, Fachärzte und spezialisierte Zentren - etwa in Krankenhäuser - kooperieren müssten.

Drei Monate Wartezeit

Novacek befürchtet mit der österreichischen Gesundheitsreform eher eine Verschlechterung der Situation: "Es gibt eine Tendenz zu Einsparungen im Gesundheitswesen, auch bei den Zentren für chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Sie sind auch in ihrer Existenz bedroht. Wir brauchen gewisse personelle Strukturen und auch Zeit."

Nach Meinung der Experten können nur bestens aufgeklärte und informierte Patienten rechtzeitig auf Anzeichen einer Verschlechterung ihres Leidens reagieren und somit eventuell Komplikationen vermeiden. Doch es muss auch die Kapazitäten geben, um die Betroffenen im Zweifelsfall akut intensiv zu behandeln. Evelyn Gross, selbst Betroffene und Kinder- und Jugendbeauftragte der Österreichischen Morbuds Crohn-/Colitis ulcerosa-Vereinigung (ÖMCCV): "Ich spüre die ersten Symptome (eines Rückfalls, Anm.), rufe die Spezialabteilung an - und bekomme einen Termin in drei Monaten." Das dürfe nicht sein, so das Fazit von Evelyn Gross. (APA/red, derStandard.at, 13.2.2013)