Bild nicht mehr verfügbar.

Alberto Acosta beim Wahlkampfabschluss. Der diplomierte Volkswirt studierte in Köln und ist Träger des deutschen Bundesverdienstkreuzes.

Foto: EPA/JOSE JACOME

Am Wochenende stellt sich Ecuadors Präsident Rafael Correa der Wiederwahl. Alle Umfragen sagen ihm einen komfortablen Wahlsieg voraus. Der Amtsinhaber dürfte in der ersten Runde 50 bis 60 Prozent der Stimmen erhalten, sein aussichtsreichster Herausforderer, der Ex-Bankier Guillermo Lasso, kommt letzten Umfrageergebnissen zufolge lediglich auf 9 bis 20 Prozent.

Lasso hatte im Wahlkampf davor gewarnt, dass sich Correa "wie Hitler" an die Macht klammern werde (derStandard.at berichtete). Doch nicht nur aus dem konservativen Lager kommt Kritik an Correa: Auch sein langjähriger Weggefährte, der ehemalige Energie- und Bergbauminister Alberto Acosta, wirft dem Präsidenten vor, von seinen vormals hehren Zielen abgewichen zu sein.

Verfassung als "Zwangsjacke"

Der Ex-Minister wirft dem Präsidenten vor, sich nun selbst nicht an diese Verfassung zu halten, die 2008 erstmals das "Recht auf gutes Leben" festschrieb. Habe Correa diese nach deren Verabschiedung noch gelobt und vorhergesagt, die Verfassung werde dreihundert Jahre halten, empfinde er sie mittlerweile "als Zwangsjacke", kritisierte er im Gespräch mit dem Fernsehsender Ecuavisa. "Correas Regierung gibt vor, sozialistisch zu sein, ist aber wie ein Busfahrer, der links blinkt und immer weiter nach rechts abbiegt", sagte er dem "Comercio".

So habe der Präsident die Reform des Bergbaugesetzes ohne die in der Verfassung festgeschrieben Bürgerbeteiligung durchgezogen, um Investitionen ausländischer Unternehmen zu erleichtern. Acosta verlangt Volksabstimmungen über Großprojekte.

"Gefängnis, weil sie Che-Guevara-T-Shirts trugen"

Es gebe trotz aller Reformen weiterhin politische Gefangene in Ecuador. Acosta bezieht sich dabei vor allem auf die Polizeioperation "Sol Rojo" (Rote Sonne), bei der im März 2012 in Luluncoto, einem Bezirk der Hauptstadt Quito, zehn Jugendliche wegen angeblicher Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation festgenommen wurden: "Sie sitzen im Gefängnis, weil sie Che-Guevara-T-Shirts trugen oder Bücher des argentinischen Revolutionärs lasen."

Wenn er Präsident wäre, führt Acosta aus, würde er vor allem in der Wirtschaftspolitik einen anderen Kurs steuern als sein ehemaliger Weggefährte: Er verlangt eine progressive Einkommensteuer und will im Gegenzug die Mehrwertsteuer senken, weil diese vor allem die Ärmsten benachteilige, die den Großteil ihres Einkommens für Grundnahrungsmittel ausgeben müssen.

Kritik an Monopolen

Außerdem verlangt er, kleine und mittlere Betriebe zu fördern: "Seit Correas Amtsantritt im Jahr 2007 haben sich die Gewinne der großen Konzerne verfünfzigfacht, weil nichts gegen ihre Monopolstellung unternommen wird. Zwei Firmen kontrollieren 91 Prozent des Speiseölmarkts, bei alkoholfreien Getränken ist es ein einziger Hersteller, der 81 Prozent abdeckt, bei Zucker ist es ähnlich."

Sogar in Südamerika besonders heikle Themen wie das Recht auf Eheschließung für Homosexuelle und eine Legalisierung der Abtreibung würde er als Präsident angehen, betont Acosta: "Bei bis zu 150.000 illegalen Schwangerschaftsabbrüchen pro Jahr müssen wir darüber diskutieren, wie wir mit solchen Problemen umgehen."

Keine Chance

Dei der Wahl am Sonntag hat Acosta allerdings keine Chance: Acostas "Plurinationale Einheit der Linken" ist nur im dünn besiedelten Osten des Landes populär: Dort würden ihm 27,9 Prozent der Wählerschaft ihre Stimme geben, landesweit kommt er lediglich auf 4,6 Prozent. Der Kandidat war von 2007 bis 2008 Präsident jener Versammlung, die Ecuadors neue Verfassung erarbeitete. (bed, derStandard.at, 14.2.2013)