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Die grünen Bestandteile der Eibe enthalten Giftstoffe, vor allem Taxine. Ein aus Ästen und Nadeln gekochter Sud diente früher unter anderem als Abführ- oder Wurmmittel. Ihr Holz war so begehrt, dass ihr Bestand schon im 15. Jahrhundert gefährdet war.

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Wenn im Naturschutz von Verfolgung durch den Menschen die Rede ist, denkt man an Wölfe, Bären oder vielleicht Kormorane, aber nicht an Pflanzen. Nichtsdestoweniger blickt die Eibe, der österreichische "Baum des Jahres" 2013, diesbezüglich auf eine sehr bewegte Geschichte zurück. Heute steht sie unter Schutz, aber das war nicht immer so.

Die Eibe (Taxus baccata), ein immergrüner Nadelbaum, ist ein Baum der Extreme: Er ist dürreresistent, verträgt starke Beschattung, wird sehr alt (angeblich bis zu 3000 Jahre) und wächst mit nur ein bis drei Zentimeter pro Jahr äußerst langsam. Vielerorts an den Rand der Ausrottung brachten sie jedoch zwei andere Eigenheiten: ihr dauerhaftes Holz und ihre hohe Giftigkeit.

Holz für Ötzis Axt und Bogen

Eibenholz ist sehr hart, fäulnisresistent und trotzdem elastisch. Dementsprechend lange weiß der Mensch es schon zu schätzen: Das Beil, das der mehr als 5000 Jahre alte Ötzi bei sich trug, war ebenso aus Eibenholz wie der Bogen, den er mit sich führte. Denn für den Bogenbau ist die Eibe besonders gut geeignet, was ihr im 15. Jahrhundert fast zum Verhängnis wurde. Raphael Klumpp vom Institut für Waldbau der Wiener Universität für Bodenkultur (Boku) kann eine Geschichte davon erzählen: " Kaufleute wie die Fugger, die schon im 15. Jahrhundert in ganz Europa Handel trieben, mussten für den Import von Waren nach Großbritannien eine Einfuhrsteuer in Form von Eibenholz zahlen. Und weil Kaiser Maximilian Geld brauchte, erteilte er Nürnberger Kaufleuten gegen entsprechende Bezahlung ein Monopol für die Ausbeutung der Eiben in den österreichischen Erblanden. Von da an plünderten diese regelmäßig die Eibenbestände im österreichischen Alpenvorland. Damit haben sie die Eibe dort zwar nicht wirklich ausgerottet, aber doch an den Rand der Ausrottung gebracht."

Mit dem Aufkommen der Feuerwaffen ließ die Nachfrage nach, doch Ruhe gönnte man der Eibe auch dann nicht. Diesmal ging es jedoch nicht um ihr Holz, sondern um ihr Gift. Alle grünen Teile des Baumes enthalten Giftstoffe, vor allem Taxine. Schon im antiken Griechenland wusste man davon, und den Germanen galt die Eibe als Symbol der Ewigkeit, weshalb man sie bis heute gerne auf Friedhöfen pflanzt, sowie als Schutz vor bösen Geistern. In jedem Fall wurden ihre Äste und Nadeln gerne ausgekocht und der Sud unter anderem als Abführ- und Wurmmittel sowie zum Beenden unerwünschter Schwangerschaften verwendet.

Gefahr für Nutztiere

Für die meisten warmblütigen Lebewesen hat die Aufnahme von Taxinen fatale Folgen. Beim Menschen geht man davon aus, dass bereits 50 bis 100 Gramm der Blätter tödlich sind. Besonders empfindlich reagieren Pferde, was die Baumart in vorindustrieller Zeit zu einem massiven Risikofaktor machte. Immerhin war der Verlust ihrer Tiere für Fuhrleute und Bauern nicht selten existenzbedrohend. "Es gab einen regelrechten Vernichtungsfeldzug gegen die Eibe", wie Georg Frank vom Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) ausführt.

Überall, wo Pferde mit ihnen in Kontakt treten konnten, wie entlang von Fahrwegen und rund um Gehöfte, wurden die Bäume gezielt abgeholzt oder ausgebrannt. Teilweise wurden sie sogar aus religiösen Gründen verfolgt: " Die Eibe war ein alter Kultbaum der Germanen, und sie wurde oft für Abtreibungen verwendet, bei denen viele Frauen gestorben sind. All das war der Kirche ein Dorn im Auge", sagt Klumpp.

All diese Faktoren gemeinsam führten dazu, dass die Eibe heute in großen Teilen Europas sehr selten ist, wobei niemand weiß, wie hoch ihr Anteil an unseren Wäldern vor ihrer massiven Übernutzung und gezielten Beseitigung war.

Dabei ist das Problem in Österreich nicht annähernd so virulent wie in manchen anderen Ländern. "In ganz Niedersachsen gibt es gezählte neun alte Eiben", weiß Klumpp. "Die Briten kennen ihre Alteiben auch sogar mit Vornamen." Dagegen gebe es "in Österreich im Alpenvorland immer wieder schöne Flecken, wo die Eibe recht häufig ist."

Außer in der Steiermark, die über ein Gebiet verfügt, auf dem die Eiben so dicht wachsen wie sonst nur im slowakischen Urwald Harmanec, steht die Eibe in ganz Österreich seit Jahrzehnten unter Naturschutz.

Wieso hat sich ihr Bestand in der Zwischenzeit nicht überall im Land erholt? "Früher war es ihr Holz, heute sind es die großen Wildbestände", moniert Georg Frank. Klumpp stößt in dasselbe Horn: "Hätten wir kein Wildproblem, wäre die Eibe nicht auf der Roten Liste." Im Unterschied zu Pferden sind Rehe und Hirsche gegen das Eibengift weitgehend immun, ja es gibt sogar Hinweise, dass sie Eiben-Sprösslinge bevorzugt fressen. Dadurch werden die Naturverjüngung, also das natürliche Nachwachsen der Sprösslinge, und eine Vermehrung der Bäume verhindert.

In den sogenannten Gen-Erhaltungswäldern Österreichs schützt man deshalb nicht nur die erwachsenen Eiben, sondern kümmert sich auch um deren Nachwuchs: Zum einen werden dazu Bäume entfernt, die sie beschatten. Die Eibe ist zwar sehr schattentolerant, produziert aber nur Samen, wenn sie genug Licht hat.

Schutz vor Wildfraß

Zum anderen werden die aufkommenden Sämlinge eingezäunt, um zu verhindern, dass gefressen werden. Vor allem Letzteres ist wichtig, hat sich aber noch nicht nennenswert herumgesprochen: "Jeder Forstmann schützt seine alten Eiben", ist Frank überzeugt, "aber viele achten zu wenig auf die Prozesse der natürlichen Regeneration."

Auch Klumpp empfiehlt Forstleuten, die ihn nach Management-Konzepten fragen, "massive Zäune" und hofft auf einen "großen Ruck bei der Jägerschaft", wie gezielte Bejagungen in Waldteilen mit Eibenverjüngung.

In einer von ihm betreuten Diplomarbeit konnten erstmals Jahresringanalysen an mehr als 40 Eiben aus demselben Bestand durchgeführt werden. Anhand dieser Daten soll das Wachstumsgeschehen analysiert werden, aber auch, wie sie auf bestimmte Witterungsextreme - Stichwort Klimawandel - reagiert. Klumpp schätzt die Situation für die Eibe im Voralpenland jedenfalls als "gar nicht so schlecht" ein. (Susanne Strnadl, DER STANDARD, 20.01.2013)