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Das Haus des Terrors in Budapest zeigt Exponate der Nazi-Diktatur und der kommunistischen Diktatur. Die Symbole waren bisher im Zusammenhang mit Bildung, Kunst und Information erlaubt.

Foto: Reuters

Budapest - Sein Bart erinnert an Josef Stalin. Attila Vajnai hält aber auch gern den Roten Stern in die Kamera, wenn er für seine kommunistische Partei in Ungarn Werbung macht. Manchmal referiert Vajnai auch auf Che Guevara, um ein wenig aufzufallen. Gewählt wurde die kommunistische Munkáspárt zuletzt aber trotzdem nur von 0,11 Prozent der Ungarn. Vajnai kämpft nicht nur seit Jahren um die Existenz seiner politischen Gruppe, sondern auch dafür, dass er den Roten Stern tragen kann.

Am Dienstag hat nun das ungarische Verfassungsgericht ein entsprechendes Verbot aufgehoben, das seit 1994 besteht. Allerdings ist damit nicht nur das Tragen des Roten Sterns erlaubt, sondern auch das Tragen von Hakenkreuz oder Pfeilkreuz. Das Pfeilkreuz war ab 1937 wegen des Verbots des Hakenkreuz in Ungarn das Symbol der Nazis, das in den vergangenen Jahren auch wieder von der verbotenen Ungarischen Garde getragen wurden.

"Das Verfassungsgericht hat ungewöhnlicher Weise auch das Verbot des Hakenkreuzes bewertet und die gesamte Bestimmung als verfassungswidrig erklärt, obwohl der Antrassteller in der Verfassungsbeschwerde nur das Verbot des Roten Sterns angegriffen hat", beurteilt der ungarische Verfassungsrechtsexperte Gábor Halmai die Entscheidung. Vajnai wurde 2003 verhaftet, weil er bei einer Veranstaltung zum Gedenken an die Rotarmisten einen Roten Stern an der Jacke trug. In Ungarn war bisher das Tragen von Hakenkreuzen, SS-Abzeichen, Pfeilkreuzen, Sichel und Hammer und des Roten Sterns verboten.

Vajnai wurde demnach auch verurteilt, aber ging bis zum Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Der EGMR stellte 2008 fest, dass das Tragen des Roten Sterns nicht unbedingt ein Zeichen des Totalitarismus sein muss und erachtete das Verbot als "willkürlich" und gegen die Meinungsfreiheit. Der Rote Stern würde auch die internationale Arbeiterbewegung und einige rechtmäßige Parteien repräsentieren, so der EGMR.

Keine Verachtung für Opfer

Diese Mehrfachbedeutung des Roten Sterns unterscheidet sein Verbot auch vom Verbot der Verwendung von Nazi-Symbolen. Der EGMR verwies indirekt darauf und meinte, dass es Vajnai nicht um die Rechtfertigung " Nazi-ähnlicher" Politik ging oder er Verachtung für die Opfer totalitärer Regimes ausdrücken wollte.

Die Verfassungsexpertin Krisztina Kovács meint, dass der ungarische Verfassungsgerichtshof das Verbot aufgehoben hat, weil darin das Verhalten der Träger solcher politischer Symbole "zu allgemein" verurteilt wurde. Das ungarische Parlament hat nun bis 30. April Zeit, ein Gesetz zu machen, das der Verfassung entspricht. Die Bürgerrechtsvertreterin Eva Simon erwartet ein ähnliches, aber weniger generelles Verbot, in dem wieder nicht zwischen Symbolen der Nazis und Kommunisten unterschieden wird.

Symbol für Terror

Der Rote Stern ist in einigen postkommunistischen Staaten als Symbol für Totalitarismus und staatlichen Terror verboten, so etwa in Lettland. In Litauen ist nicht nur kommunistische, sondern auch Nazi-Symbolik verboten. Ebenso im ukrainischen Lemberg. Seit kurzem gibt es auch ein entsprechendes Verbot in der Republik Moldau. Das separatistische Transnistrien nebenan ist jedoch so etwas wie in ein Museum kommunistischer Symbole.

Einige EU-Staaten haben versucht ein EU-weites Verbot von sowjetischen und Nazi-Emblemen durchzusetzen, doch dafür gab es vor allem wegen der liberalen Haltung von Großbritannien und Dänemarks keinen Konsens. In Slowenien, wo teils Jugoslawien-Nostalgie gepflegt wird, gibt es seit 2011 sogar eine Zwei-Euro-Münze mit dem Partisanenkämpfer Franc Rozman, der den Roten Stern auf der Brust trägt. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 21.2.2013)