Oscar Giannino wollte Silvio Berlusconi herausfordern.

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Er war auf dem besten Weg zum Volkshelden, doch dann kam der Absturz - zumindest vorerst. Als Spitzenkandidat der Kleinpartei Fare per Fermare il Declino ("Etwas tun, um den Niedergang aufzuhalten") war Oscar Giannino kürzlich Gast in einer populären Talkshow, an der auch der allgegenwärtige Silvio Berlusconi teilnahm. Dabei forderte der Cavaliere den Wirtschaftsjournalisten auf, seine "unnütze" Liste zurückzuziehen, da sie "nur der Linken diene". Der kauzige Journalist ließ den Expremier jedoch rüde abblitzen, sodass Berlusconi seine Wut kaum noch zügeln konnte und Giannino im Anschluss an die Sendung einen "Clown" nannte.

Dabei lehnt der 51-Jährige Clownerie in der Tat nicht ab. Der schillernde Selbstdarsteller fällt stets durch exzentrische Kleidung auf. Einmal trägt er eine violette Weste mit bunt gestreiften Hosen, dann ein rosa Samtsakko mit gleichfarbigen Schuhen. Bei seiner Hochzeit mit der Managerin Margherita Brindisi fiel der Krausbärtige mit hellblauer Jacke und orangefarbenem Zylinder auf. Und weil das Paar Gelage verabscheut, servierte es den Gästen einfach nur Reis mit Gemüse.

Nach seinem respektlosen TV-Auftritt bekam Giannino, der seine Karriere als Sekretär des republikanischen Parteichefs Giorgio La Malfa begann, die Rache des Cavaliere zu spüren. Dessen Hausblatt Il Giornale fertigte den Dandy brutal ab: "Gianninos Ego übersteigt jenes des Cavaliere, ohne dass er sich mit dessen Charisma und Begabung messen könnte. Er ist klein, bissig, rachsüchtig und boshaft." Der Kommentar geriet zum Bumerang: Giannino wurde enthusiastisch gefeiert, und seine Partei konnte der Wahlhürde mit Zuversicht entgegensehen.

Doch wenige Tage vor den Wahlen stolperte der Parteigründer nun über seinen eigenen Lebenslauf, in dem zwei Doktortitel und ein Master an der Booth School of Business in Chicago erfunden waren. Gianninos Ausrede, die Titel seien von einem Mitarbeiter ohne sein Wissen eingefügt worden, hielt nicht lange. Am Mittwoch trat er als Parteivorsitzender zurück, doch als Kandidat kann er nicht mehr ausgewechselt werden.

Gierig stürzten sich die Rechtsblätter auf den "Skandal". Giannino gestand seinen Fehler, so wie es sein Phlegma gebietet, freimütig ein: " In mir leben Dadaismus und Seiltänzerei eng zusammen!" Am Ende schien der gefälschte Lebenslauf fast Nebensache. Gut möglich, dass nun gerade die erfundenen Titel den Exoten ins Parlament hieven. (Gerhard Mumelter, DER STANDARD, 21.2.2013)