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Besonnen, lakonisch und geduldig: Pier Luigi Bersani macht bevorzugt mit Zigarre im Mund Politik.

Foto: AP / L. Bruno

Pier Luigi Bersani, Italiens nächster Premier, konnte die Wähler hingegen durch Besonnenheit gewinnen.

Für Pier Luigi Bersani begann die neue Zeitrechnung in Italien am 12. November 2011: Am späten Abend jenes Samstags trat sein Erzfeind Silvio Berlusconi als Ministerpräsident zurück. "Heute ist der Tag der Befreiung Italiens", diktierte der Chef des linken Partito Democratico lakonisch in die Mikrofone.

Für Berlusconi ist jeder, der sich nicht in seinem Windschatten befindet, automatisch ein "Kommunist". Also hat das folgerichtig insbesondere auf Bersani zuzutreffen, der 1951 als Sohn eines Automechanikers und einer Hausfrau in der emilianischen Provinz Piacenza geboren wurde. Der "Vorwurf", ein Kommunist zu sein, traf früher tatsächlich zu: Schon in seiner Jugend trat Bersani, der streng katholisch erzogen wurde, dem Partito Comunista bei – in Italien war das nicht unüblich: Giovannino Guareschi holte sich seine Figuren Don Camillo und Beppone und deren Geschichten durchaus aus dem realen Leben der padanischen Tiefebene. Der kleine Pier Luigi hatte schon früh politisches Talent gezeigt: Als  Ministrant organisierte er einen Streik, "weil der Pfarrer das Taschengeld nicht gerecht verteilte".

Berufspolitiker

Neben der kommunalpolitischen Arbeit im Zeichen von Hammer und Sichel – sein großes Vorbild war der legendäre PCI-Politiker Enrico Berlinguer – absolvierte Bersani an der standesgemäß "roten" Universität von Bologna ein Philosophiestudium, entschloss sich aber sehr rasch, die Politik zum Beruf zu machen.

Bersani, der seit 1980 mit Daniela Ferrari, einer Apothekerin, verheiratet ist und zwei mittlerweile erwachsene Töchter hat, avancierte in den 1990er-Jahren, nunmehr als Linksdemokrat, zum Präsidenten seiner Heimatregion Emilia-Romagna.

Seit 1996 war er in jeder Mitte-links-Regierung unter Romano Prodi und Massimo D'Alema im Kabinett zu finden, sei es als Industrie-, Wirtschafts- oder auch Transportminister.

Mit der Gründung des Partito Democratico (PD) 2007 wollte die gemäßigte Linke endgültig deutlich machen, mit dem Kommunismus nichts mehr zu tun zu haben. 2009 wurde er PD-Parteichef.

Nach dem Rücktritt Berlusconis ließ der passionierte Zigarrenraucher bewusst die Gelegenheit zu Neuwahlen verstreichen und überraschte so auch seine Gegner: Jeder Demoskop hätte ihm einen fulminanten Wahlsieg vorausgesagt. Allein: Bersani argumentierte, Italien müsse nach Berlusconi wieder glaubwürdig werden.

Das verschaffte ihm Respekt, der sich bezahlt machte, als Matteo Renzi (38), Bürgermeister von Florenz, ihn bei den Vorwahlen im Herbst herausforderte: Da siegte Besonnenheit und Erfahrung gegen Sturm und Drang. "Warum sollte denn jemand, der etwas verändern will, unbedingt ein Gewehr in der Hand halten?", stellte Bersani mehr als einmal eine rhetorische Frage, um sein Erfolgsrezept zu erklären.  (Gianluca Wallisch /DER STANDARD, 26.2.2013)