An der Aderklaaer Straße errichtet die Stumpf-Gruppe derzeit das Projekt "Citygate". Weithin sichtbares Zeichen ist der 100 Meter hohe Wohnturm von querkraft Architekten.

Visualisierung: Stumpf

Noch wirkt die U-Bahn-Station Aderklaaer Straße etwas fehl am Platz. Die oberirdische U1-Haltestelle an der Bezirksgrenze zwischen Floridsdorf und Donaustadt liegt inmitten von Brachflächen, Baustellen und riesigen Gewerbehallen. Die Passagierzahlen halten sich vorerst in Grenzen. Ab und zu tröpfeln ein paar Angestellte und individualverkehrsabgeneigte Einfamilienhausbewohner auf den Bahnsteig. Ansonsten gähnende Leere.

Doch bis Anfang 2015 soll sich das ändern. Die Stumpf-Gruppe, die einst den Millennium Tower gebaut hatte, erwarb das 30.000 Quadratmeter große Grundstück zwischen Wagramer Straße und Julius-Ficker-Straße im Jahr 2005 und errichtet hier nun einen neuen Stadtteil mit Wohnen, Arbeiten und Einkaufen.

Insgesamt sollen rund tausend geförderte und freifinanzierte Wohnungen sowie ein Shoppingcenter mit 20.000 Quadratmetern Einkaufsfläche entstehen. Namhafte Bauträger wie etwa die Wohnbauvereinigung der GPA, Neues Leben, Migra, ÖSW sowie die ÖSW-Tochter immo 360 grad sind mit von der Partie. Das Projektvolumen beträgt 250 Millionen Euro. Der hoffnungsvolle Projekttitel, der die Absichten und Erfolgsambitionen des Investors mit einem Wort auf den Punkt bringt: Citygate.

Wohnen an der Dorfstraße

Die Landmark des neuen Wohn- und Arbeitsareals ist der hundert Meter hohe CGL Tower (der Name steht für Citygate Living), das der gemeinnützige Bauträger Bauhilfe in Zusammenarbeit mit dem Wiener Architekturbüro querkraft abwickelt. 34 Geschoße hoch wird sich das skulpturale Wohnhochhaus in den Himmel schwingen. Anfang Jänner war Baubeginn. Derzeit laufen die Grundierungs- und Aushubarbeiten.

"Wir haben es geschafft, dass es keine einzige Wohnung gibt, die ausschließlich nach Norden orientiert ist", erklärt Gerd Erhartt, Projektleiter und Partner bei querkraft Architekten. "Doch dafür haben wir entlang der Nordfassade einen Schlitz, den wir als vertikale Dorfstraße bezeichnen." Der vertikale Gassenraum, der mehr einer Autobahn des sozialen Miteinanders als einem kleinen Dorfanger gleicht, ist von atemberaubenden Ausmaßen: sieben Meter breit, neun Meter tief und mehr als 30 Stockwerke hoch.

"Meistens sind die Gänge in einem Hochhaus unbelichtet und dunkel", sagt Erhartt. "Wir haben das Innere des Turms so organisiert, dass man sofort in den Norden Wiens blickt, sobald man aus dem Lift steigt. Dadurch ist der Panoramaausblick aus luftiger Höhe nicht nur den Mieterinnen und Mietern der obersten Geschoße vorbehalten. Auch Bewohner der unteren Stockwerke können daran teilhaben, wenn sie wollen."

Kinosaal und Waschküche

Der Genuss am schönen Ausblick lässt sich mit Freizeittätigkeiten und sozialem Networking kombinieren, denn in jedem Geschoß gibt es unterschiedliche Funktionen, die den Bewohnern zur Verfügung stehen. Mal ist das ein Kinosaal, mal eine Waschküche, mal ein Gemeinschaftsraum. Und dazwischen gibt es immer wieder schulklassengroße Terrassen mit Parkbänken und Outdoor-Spielplätzen. Wo sonst kann man schon im 28. Stock in der Sandkiste wühlen?

Der Grund für dieses ungewöhnliche Potpourri an sozialen Gemeinschaftsräumen ist leicht erklärt: "Die Wohnungsgrundrisse sind zwar sehr flexibel, doch die meisten Zwei- und Dreizimmerwohnungen sind sehr kompakt bemessen", meint Alexander Zingerle, Geschäftsführer der Bauhilfe, auf Anfrage des STANDARD. "Daher war es uns wichtig, nicht nur die Wohnungen, sondern auch die öffentlichen Bereiche dieses Hochhauses entsprechend attraktiv zu gestalten."

Comic-Schauen im Lift

Kleines Detail am Rande: Im Lift soll es ein kleines Glasfenster im Cinemascope-Format geben. Im Liftschacht dahinter wird ein beleuchteter Farbstreifen mit Mickymäuse an die Wand gemalt. Sobald sich der Aufzug in Bewegung setzt, wird das Mäusetier optisch zu laufen beginnen. Durch den so entstehenden Comicfilm soll die Liftfahrt für die kleinen Bewohnerinnen und Bewohner verkürzt werden.

"Das ist nur einmal eine Idee", sagt Architekt Gerd Erhartt. "Wir wollten nur zeigen, wie viele unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten es in einem Wohnhochhaus gibt. Doch viel wichtiger sind die Wohn- und Freiraumqualitäten in den Wohnungen." Jede einzelne Wohnung verfügt über eine rundum laufende Loggia. Damit auch ein Frühstückstisch für vier Personen aufgestellt werden kann, gibt es immer wieder halbrunde Verbreiterungen. Die Ohrwaschlbalkone, die von Geschoß zu Geschoß variieren und so für den charakteristischen Schwung in der Fassade sorgen, werden schon von weitem zu erkennen sein. Nicht zuletzt sorgt die unebene und ungleichmäßige Struktur dafür, dass sich der Wind an der Fassade leichter bricht. Die für Hochhäuser typischen Fallwinde sollen auf diese Weise reduziert werden.

Ende 2014, spätestens Anfang 2015 sollen die ersten Mieter einziehen. Rund zehn Prozent der Wohnungen werden mit Superförderung errichtet und richten sich somit an besonders bedürftige Interessenten. Das heißt: Der Eigenmittelanteil entfällt nahezu, und die Miete wird deutlich günstiger als in den regulär geförderten Wohnungen sein. Die genauen Kosten will der Bauträger Bauhilfe erst in den kommenden Monaten veröffentlichen. (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 27.2.2013)