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FC Barcelona-Spielgestalter Andres Iniesta wirkte schon mal zuversichtlicher.

Foto: EPA/ALEJANDRO GARCIA

Den Erzrivalen gedemütigt, Lionel Messi klar ausgestochen und seinem Trainer den Job gerettet: Gründe hätte Cristiano Ronaldo genug gehabt, doch Real Madrids Superstar dachte gar nicht daran, den Cuptriumph beim FC Barcelona verbal auszuschlachten. Nur wenige Minuten, nachdem Barças Demütigung perfekt gewesen war, richtete der Matchwinner den Blick schon wieder nach vorne.

"Ein Sieg im Camp Nou gibt unglaubliches Selbstvertrauen und pusht uns ungemein für das Spiel gegen Manchester", sagte Ronaldo, der das Halbfinal-Rückspiel der spanischen Copa del Rey mit seinem Doppelpack fast im Alleingang entschieden hatte.

Während Barças blass gebliebener Superstar Messi in den Katakomben des katalanischen Fußball-Tempels am späten Dienstagabend konsterniert nach Erklärungen für die 1:3-Schmach im eigenen Stadion suchte, zog der Portugiese mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen ab. Wohlwissend, dass er seinem Trainer José Mourinho womöglich gerade vor einer Entlassung bewahrt und Barcelona endgültig den Glanz der vergangenen Jahre geraubt hatte.

Messi im Bett

Passend zur angespannten Situation bei den Katalanen meldete sich Messi am Mittwoch mit Fieber ab und fehlte beim Training. Die Klub-Mediziner verordneten dem Weltfußballer absolute Ruhe und Medizin. Ob er die Reise zum Liga-Clásico am Samstag (16 Uhr) in Madrid antreten kann, ist noch nicht klar.

"Madrid demütigt Barcelona. Cristiano regiert im Hause Messis", titelte unterdessen die Marca und lobte den Teamgeist der Königlichen in den höchsten Tönen. Nach dem 1:1 aus dem Hinspiel präsentierte sich das Team so stark wie lange nicht mehr. Nach den beiden Toren Ronaldos (13., Foulelfmeter/57.) und dem 3:0 durch Frankreichs Jungstar Raphaël Varane (68.) war das Spiel früh entschieden. Barças Anschlusstreffer des spanischen Europameisters Jordi Alba (89.) konnte die Blamage der Blau-Roten nicht schmälern.

Real mit neuem Mut

Durch den souveränen und mit eiskalter Effizienz herausgespielten Erfolg im 255. Clásico (89 Real-Siege, 87 für Barça) schöpfte Real neuen Mut für die schwere Aufgabe im Achtelfinale der Champions League. Bei Manchester United muss Madrid am kommenden Dienstag nach dem 1:1 im Hinspiel unbedingt gewinnen.

Immer stärker unter Druck gerät derweil der FC Barcelona, der auch gegen Real ohne ihren an Krebs erkrankten Trainer Tito Vilanova auskommen musste. Die zweite blutleere Vorstellung binnen einer Woche wirft etliche Fragen auf. Zwar liegen die Katalanen in der spanischen Meisterschaft mit zwölf Punkten Vorsprung quasi uneinholbar vorne, doch nach der Cup-Blamage droht auch in der Champions League das Aus. Vor Wochenfrist hatte schon der AC Mailand dem Messi-Klub beim 2:0 deutlich die Grenzen aufgezeigt.

Ende einer imposanten Ära?

"Das Spiel gegen Madrid war ein Desaster, aber jetzt gilt es aufzuwachen", mahnte die katalanische Zeitung Sport in ungewohnter Schärfe: "Das Team sollte schnell genesen, um das Spiel gegen Milan noch umzubiegen." Geschieht das nicht, könnte es für das Starensemle und vor allem für den Interimscoach Jordi Roura Konsequenzen geben. Einige Kritiker beschwören sogar schon das Ende der inzwischen viereinhalb Jahre andauernden Barça-Ära.

Selbst beim Präsidenten herrscht angesichts der schwierigen Situation und der ersten Heimpleite nach 22 Spielen Ratlosigkeit. "Die Niederlage gegen Real haben wir so nicht erwartet. Aber dieses Team verdient es, an es zu glauben", sagte Sandro Rosell: "Ich weiß, dass es schwer ist, aber wir dürfen nicht vergessen, was sie geleistet haben."

Die erste Chance zur Wiedergutmachung haben Messi und Co. am kommenden Wochenende. Nur ein Sieg in Madrid dürfte die Gemüter in der katalanischen Hauptstadt wieder etwas beruhigen. (sid, 27.2.2013)