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In Wiener Neustadt kann von 70 Bäumen gratis Obst gepflückt werden.

Foto: AP/Roberto Pfeil

Martin Mollay, Gründer der Initiative Obststadt, hat die Bäume gepflanzt.

Foto: obststadt.at

Auf der interaktiven Fruitmap sind alle von der Initiative Obststadt gepflanzten Obstbäume zu sehen.

screenshot: obststadt.at

Sich kostenlos an den frischen Früchten von Apfel-, Birnen-, Kirschen- und anderen freistehenden Obstbäumen zu laben ist in Wiener Neustadt erwünscht. Denn im Herbst 2012 hat der Überlebenstrainer Martin Mollay das Projekt "Obststadt - Wiener Neustadt" ins Leben gerufen und Obstbäume für die Allgemeinheit gepflanzt. Ihre Früchte können von jedermann geerntet werden.

Vergessene Nutzpflanzen

"In meinem Beruf bin ich viel in der Natur unterwegs und beschäftige mich damit, wie man sich von ihr ernähren kann", sagt Mollay, dem die Vision einer obstautarken Stadt vorschwebt. Dabei habe er bemerkt, dass viele Nutzpflanzen wie beispielsweise Kastanienbäume, deren Früchte früher zu Mehl verarbeitet wurden, in Vergessenheit geraten sind.

"Heute kaufen die Menschen ihre Lebensmittel nur noch im Supermarkt, obwohl alles in der Natur vorhanden wäre", so Mollay. Mit dem Projekt will er zeigen, dass Bäume nicht nur als Zierde dienen, sondern die Früchte auch geerntet werden können, damit sie nicht sinnlos verfaulen. Mittlerweile hat Mollay 70 Bäume in Wiener Neustadt gepflanzt, 30 weitere sind bereits bestellt.

Auf öffentlich zugänglichen Plätzen

Alle gepflanzten Bäume stehen auf öffentlich zugänglichen Flächen. Diese hat teilweise die Stadtgemeinde zur Verfügung gestellt, andere Obstbäume befinden sich in Genossenschaftsgärten. Aber auch auf einem großen privaten Veranstaltungsgelände konnten Bäume gepflanzt werden.

In diesem Punkt unterscheidet sich Mollays Idee auch wesentlich vom Guerilla Gardening: Denn die Bäume werden nicht illegal gepflanzt, sondern nur dann, wenn eine Genehmigung dafür erteilt wurde.

Visualisiertes Obst

Damit Obsthungrige wissen, wo sie die gewünschten Früchte pflücken können, gibt es auf der Website obststadt.at eine interaktive Fruitmap. Auf der wird anzeigt, wo die verschiedenen Bäume stehen.

Dass sich manche nur an den reifen Früchten erfreuen werden, während andere fleißig Bäume pflanzen und pflegen, ist laut Mollay nicht ausgeschlossen. Wichtig ist ihm nur, dass aus den Früchten kein Profit geschlagen wird. "Es gilt das Mundraub-Prinzip. Ich vertraue darauf, dass die Leute nur so viel ernten, wie sie brauchen."

Die Reaktionen auf das Projekt sind laut Mollay durchwegs positiv. Auch regionale Politiker und Sponsoren haben das Projekt bereits mit Baumspenden unterstützt. Einziger ärgerlicher Vorfall sei bisher der Diebstahl zweier Obstbäume gewesen, die von der Initiative eingesetzt wurden.

400 Obstbäume für Wiener Neustadt

Bis Ende des Jahres will Mollay, dass 400 Obstbäume in Wiener Neustadt gepflanzt werden. Wer einen Beitrag dazu leisten möchte, hat die Möglichkeit, um 50 Euro Baumpate zu werden. Um diesen Betrag wird ein Obstbaum gepflanzt, der dann in der Fruitmap eingetragen wird. Wer will, kann den Baum zudem mit dem eigenen Namen oder einem Firmennamen versehen lassen.

Auch die die Entwicklung einer App ist geplant, damit man Bilder und Eckdaten der Bäume via GPS in die Fruitmap eintragen kann. Zudem soll es dort Informationen über die Erntezeit der Früchte geben. Aber auch offline wird Wissen vermittelt. Bei einem Workshop im April können Interessierte alles über das Schneiden und Veredeln von Bäumen lernen.

Über die Stadtgrenze hinaus

In Zukunft wünscht sich Mollay, dass sein Projekt über die Stadtgrenzen hinaus Früchte trägt. Denkbar für ihn wäre, dass in allen umliegenden Bezirken Haine mit Obstbäumen bepflanzt werden, für deren Pflege die Bewohner dann selbst zuständig sind.

In Wiener Neustadt selbst hat sich bereits eine Initiative formiert, die auch Gemüse frei zugänglich anbauen möchte. Das ist laut Mollay aber komplizierter als das Pflanzen von Obstbäumen, da Gemüsebeete mehr Pflege bräuchten. (Elisabeth Mittendorfer, derStandard.at, 6.3.2013)