Die künstlerische Darstellung zeigt den Gasriesen, der Material aus der staubigen Umgebung des jungen Sterns HD 100546 anzieht.

Illustration: ESO/L. Calçada

Das linke Bild im sichtbaren Licht stammt vom Hubble Weltraumteleskop, das rechte Foto wurde mit dem NACO-System am Very Large Telescope der ESO erstellt. Auf dem VLT-Bild ist ein Ausschnitt der Scheibe um HD 100546 mit dem Protoplaneten-Kandidaten zu sehen. Beide Bilder wurden mit einem speziellen Koronografen aufgenommen, der das gleißend helle Licht des Sterns unterdrückt. Die Position des Sterns ist jeweils mit einem roten Kreuz markiert.

Foto: ESO/NASA/ESA/Ardila et al.

Zürich - Astronomen haben in rund 337 Lichtjahren Entfernung ein Objekt erspäht, bei dem es sich um einen werdenden Exoplaneten handeln könnte. Sollte sich die Sichtung bestätigen, dann wäre dies das erste Mal, dass der Vorgang der Planetenbildung direkt beobachtet werden konnte, teilten Wissenschafter der ETH Zürich am Donnerstag mit.

Der Jungplanet liegt in einer 700 Astronomische Einheiten (1 AU entspricht etwa dem mittleren Abstand zwischen Erde und Sonne – also rund 150 Millionen Kilometer) großen Scheibe aus Gas und Staub verborgen. Diese umgibt den gut untersuchten, ebenfalls recht jungen Stern HD 100546. Auf diese gut sichtbare Scheibe haben die Forscher das Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) gerichtet. Die erhobenen Daten würden für einen Gasriesen mit einer Masse von etwa 20 Mal der Masse des Jupiters sprechen

Wäre der Planet tatsächlich so riesig, dann müsste die Materie-Scheibe um HD 100546 zahlreiche Lücken aufweisen. Dass diese Lücken nicht entdeckt werden konnten, hat zwei mögliche Gründe: Entweder ist der Exoplanet wesentlich leichter und damit ein Protoplanet, oder der Gasriese ist weiter innen in der Scheibe entstanden und wurde herausgeschleudert. Doch dies sei unwahrscheinlich, denn noch niemand habe diesen Konkurrenz- Planeten gesehen, erklärten die Forscher.

Würde die erste These zutreffen, dann wäre dies eine Sensation, erklärt Sascha Quanz, Erstautor der im Fachmagazin "Astrophysical Journal Letters" erschienen Studie. "Bisher wurde die Planetenentstehung meist durch Computersimulationen erkundet." Derzeit deutet vieles darauf hin, dass es die Astronomen tatsächlich mit einem erst wenige 100.000 Jahre alten Jungplaneten zu tun haben.

Jungspund im äußeren Bereich des Systems

Das System von HD 100546 ist gut untersucht, da man schon länger einen weiteren Riesenplaneten mit dem sechsfachen Abstand der Erde zur Sonne um den Stern vermutet. Der neu entdeckte Planet befindet sich in den äußeren Bereichen des Systems, nochmals etwa zehnmal weiter vom Zentralstern entfernt.

Der mögliche neue Planet im HD 100546-System wurde unter Anwendung neuartiger Analysemethoden als schwacher Lichtfleck entdeckt - mit der adaptiven Optik NACO am Very Large Telescope der ESO. Die Beobachtungen wurden mit dem Koronografen von NACO durchgeführt, der im nahinfraroten Spektralbereich arbeitet und das gleißend helle Licht des Sterns ausblenden kann, das ansonsten an der Position des Protoplaneten-Kandidaten noch immer alles überstrahlen würde.

Laut bisher gängigen Modellvorstellungen wachsen Riesenplaneten, indem sie einen Teil des Gases und Staubes einfangen, das bei der Bildung des Zentralsterns übrigbleibt. In der neuen Aufnahme der Scheibe um HD 100546 haben die Astronomen Belege für diese Hypothese gefunden. Nahe am Protoplaneten hat man in der Staubscheibe Strukturen entdeckt, die auf Wechselwirkungen zwischen dem Planeten und der Scheibe zurückgehen könnten. Außerdem scheint der Protoplanet seine Umgebung durch seinen Entstehungsprozess aufzuheizen.

Bestätigung in einem Jahr

Schon in einem Jahr sollte die künftige Position des neuen Objekts den Schluss erlauben, welche These zutrifft. Damit wären viele Theorien und Modelle, die seit langem existieren, endlich an einem konkreten Objekt überprüfbar, schrieben die Forscher. Sie richten deshalb das VLT schon im April wieder auf den möglichen Protoplaneten.

"Exoplaneten-Forschung ist eines der aufregenden neuen Pionierfelder der Astronomie", sagte Mitautor Adam Amara, Kosmologe an der ETH Zürich. Die Kosmologen, die an sich nichts mit Exoplaneten zu tun haben, steuerten ihre Datenanalyse-Methoden bei. Damit lässt sich das relativ schwache Leuchten des Objekts aus den restlichen Signalen "herausrechnen". (red, derStandard.at, 28.02.2013)