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65 Prozent der befragten Studierenden sind mit der Bibliotheksausstattung zufrieden.

Foto: apa/Hochmuth

Wien - Jeder elfte Student hat im Wintersemster 2010/11 nach eigenen Angaben keine Prüfung abgelegt beziehungsweise kein Zeugnis erworben und damit keinen Leistungsnachweis erbracht. Das zeigt ein am Freitag präsentierter Zusatzbericht der Studierenden-Sozialerhebung. Als Ursache dafür werden berufliche Gründe genannt (40 Prozent), gefolgt von der Arbeit an der Abschlussarbeit (34 Prozent), privaten Gründen (20 Prozent), Auslandsaufenthalten (13 Prozent) und Trägheit (zwölf Prozent).

Nur vier Prozent untätig

Bei den Zahlen müsse man mitbedenken, dass darin nur jene Studenten erfasst wurden, die nach ihrem Semester ohne Leistungsnachweis auch tatsächlich weiter inskribiert waren und ihr Studium nicht abgebrochen haben, sagte Studienautor Martin Unger vom Institut für Höhere Studien bei einer Pressekonferenz.

Dass Studenten keine Prüfungen machen beziehungsweise Zeugnisse erwerben, heißt aber noch nicht, dass sie überhaupt nicht studieren. Rund die Hälfte der Studenten ohne Leistungsnachweis ist trotzdem studienbezogenen Tätigkeiten nachgegangen - sie haben etwa an ihrer Abschussarbeit gearbeitet, ein Auslandssemester oder Pflichtpraktikum absolviert, für eine große Prüfung gelernt oder die geforderte Prüfung nicht bestanden. Nur vier Prozent waren studientechnisch gesehen absolut untätig.

An wissenschaftlichen Universitäten ist der Anteil der Studenten, die im vorangegangenen Semester keinerlei Zeugnisse erworben haben, mit zehn Prozent am höchsten, an den Kunstunis betraf dies sieben Prozent, an Fachhochschulen (FH) drei und an Pädagogischen Hochschulen (PH) zwei Prozent der Studierenden. Am häufigsten ohne jeglichen Leistungsnachweis blieben an den Unis Studenten in individuellen (16 Prozent), theologischen und medizinischen Studien (14 Prozent).

Rahmenbedingungen verzögern Abschluss

Weiteres Ergebnis der Studie: 47 Prozent der Studenten sind der Ansicht, dass die universitären Rahmenbedingungen keinen Abschluss in Mindeststudienzeit zulassen. An der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU) beträgt dieser Anteil sogar 70 Prozent, an der Uni Wien 54 und an der Technischen Universität Wien 51 Prozent. Am ehesten an die Chance eines schnellen Studiums nach Einschätzung der Studenten an zugangsbeschränkten Unis wie den Medizin-Universitäten (Innsbruck: elf Prozent, Wien: 19 Prozent, Graz: 21 Prozent), der Veterinärmedizinischen Universität (23 Prozent) und diversen Kunstunis (Linz: 19 Prozent, Mozarteum: 23 Prozent).

FH-Studenten sind zufriedener

Am zufriedensten sind die Studenten mit dem ihrem Umgang untereinander (74 Prozent), gefolgt von der inhaltlichen Ausrichtung des Studiums (70 Prozent) und der Bibliotheksausstattung (65 Prozent). Am unzufriedensten zeigten sie sich mit der Förderung von interdisziplinärem Wissen (40 Prozent) und dem Praxisbezug des Studiums, der Verfügbarkeit von Lernplätzen für Gruppenarbeit und der Vermittlung von sozialen Kompetenzen (je 42 Prozent). Generell sind FH-Studenten deutlich zufriedener mit der Studiensituation als ihre Kollegen an Unis und PHs - an den Unis wiederum sind die Studierenden an kleinen Unis zufriedener als ihre Kollegen an großen Wiener Unis.

Drei Viertel der Studierenden erlitten Zeitverlust

Drei Viertel der befragten Studierenden gaben an, dass es in ihrem bisherigen Studium zu einem Zeitverlust kam. Als häufigster Grund werden hier Erwerbstätigkeit und die hohen Leistungsanforderungen gennant. Für Studierende aus einer niedrigen sozialen Schicht ist die Erwerbstätigkeit häufiger ein Grund für Zeitverlust als für jene aus einer höheren Schicht. 

Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle sieht bei der Studiergeschwindigkeit einen "gewissen Verbesserungsbedarf". Er sei zwar der Meinung, "dass man nicht durch die Universität mit Scheuklappen durchrasen muss - man kann schon auch nach links und rechts schauen". Wenn Studenten aber wegen fehlender Plätze in Lehrveranstaltungen Zeitverluste erlitten, müsse man dies beheben. Er setzt in diesem Zusammenhang auf die Studienplatzfinanzierung.

Für die Erhebung wurden im Sommersemester 2011 rund 44.000 Studenten befragt. (APA/red, derStandard.at, 1.3.2013)