Bild nicht mehr verfügbar.

Geht es nach Binnenkommissar Barnier soll jeder EU-Bürger das Recht auf ein Konto haben. Die Konsumentenschützer fordern das schon seit langem.

Foto: ap/gebert

Ohne Konto keine Wohnung, ohne Konto kein Handyvertrag, ohne Konto keine Einkauf im Internet. Dennoch: In Österreich haben rund 150.000 Menschen kein Bankkonto. Die Arbeiterkammer (AK) beruft sich auf eine europäische Erhebung aus dem Jahr 2008. Neuere Zahlen gebe es nicht, heißt es auf Anfrage.

EU-weit haben etwa 30 Millionen - volljährige - Bürger keine Bankverbindung, berichtet die "Süddeutsche Zeitung (SZ)". Die meisten von ihnen leben in Osteuropa. In Bulgarien oder in Rumänien etwa habe nur jeder Zweite ein Konto.

Kein Überziehungsrahmen

Von diesem Problem betroffen seien zumeist Menschen, die auch anderere Probleme haben, gesundheitliche etwa oder finanzielle, erklärt AK-Konsumentenschützerin Benedikta Rupprecht im Gespräch mit derStandard.at. "Ohne Konto ist es schwerer, aus der Schuldenspirale herauszukommen", gibt sie zu bedenken.

Diesen "Teufelskreis" sieht laut "SZ" auch EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier - und er will ihn durchbrechen. Bis Juni soll ein Gesetzespaket vorgelegt werden, das das Recht auf ein Bankkonto festschreibt. Der Entwurf sehe ein Konto vor, das Buchungen nur dann ermöglicht, wenn ein Guthaben besteht. Kreditaufnahmen wären demnach zum Beispiel nicht möglich. Grundsätzlich soll die Kontoführung spesenfrei sein.

Ziel dieser Initiative sei es, ein "soziales Grundrecht" durchzusetzen, zitiert das Blatt die Kommission. Ohne Bankkonto sei es nämlich nicht möglich, die Vorteile des europäischen Binnenmarktes zu nutzen, argumentiert Kommissar Barnier. Von diesem gemeinsamen Markt sollten aber alle Bürger profitieren. Die Konsumentenschützer der Arbeiterkammer weisen auch darauf hin, dass man ohne Konto auch deutlich höhere Spesen zu tragen hat. Jede Überweisung mit Erlagschein koste ein paar Euro.

Debatte seit Jahren

Neu ist die Debatte um ein "Konto für alle" nicht. In elf EU-Staaten, etwa in Frankreich, gibt es bereits ein verbrieftes Recht auf ein Girokonto. In Österreich nicht. In Deutschland auch nicht. Einen Finanzexperten der deutschen Grünen im Europaparlament zitiert die "SZ" mit den Worten: Das sei "ein Schritt, auf den Bürger seit drei Jahren warten."

Im Juli 2011 hatte Barnier sich dafür ausgesprochen, allen EU-Bürgern den Zugang zu einem Bankkonto zu erleichtern, unabhängig von ihrer finanziellen Lage. Der Arbeiterkammer ging die Empfehlung damals nicht weit genug, sie verlangte ein verbindliches Recht auf ein Girokonto. Vor kurzem hat sie ihre Forderung erneuert.

Freiwillige Initiativen "durchwachsen"

Freiwillige Initiativen der Banken sind für die AK eine "durchwachsene Sache". Grundsätzlich begrüße man es, dass die Banken nicht mehr so streng sind wie sie früher waren, es sei aber zu bedenken, dass es etwa zur Zweiten Sparkasse keinen direkten Zugang gebe. Diese von der Erste Stiftung initiierte und finanzierte "Bank für Menschen ohne Bank" wird ehrenamtlich geführt. Wer hier ein Konto eröffnen wolle, brauche aber eine offizielle Zuweisung einer Betreuungseinrichtung, gibt Rupprecht zu bedenken.

Außerdem sei das Sozialprojekt bekannt, was die Situation von Kontoinhabern nicht leichter mache. Wer seine Daten - etwa gegenüber einem Arbeitgeber - bekannt gebe, müsse sich outen. Dass das Konto auf den ersten Blick als ein solches erkennbar ist, wird von der Zweiten Sparkasse auf Anfrage bestätigt. Die Bank habe etwa ihre eigene Bankleitzahl. Auch vor dem Hintergrund des Datenschutzes sei dieses Vorgehen problematisch, kritisiert die Arbeiterkammer.

Initiativen von Großbanken

Und die freiwilligen Initiativen von Großbanken, die ein Spezialkonto für überschuldete Klienten anbieten, seien ebenfalls "relativ eingeschränkt". Diese seien nach außen zwar nicht als solche zu erkennen. Diese Institute würden Kontoeröffnungen aber ablehnen, wenn der Betroffene im selben Konzern Schulden angehäuft habe, kritisiert die AK. Die Betroffenen müssten sich eine Bank suchen, in der sie keinen "schwarzen Punkt" haben, so Rupprecht. Vor allem in ländlichen Gebieten sei das nicht immer einfach.

Die Bawag - sie bietet das "Konto Neue Chance" an - bestätigt gegenüber derStandard.at, dass sich das Institut diese Möglichkeit vorbehält. Eine Ablehnung hänge aber von der Höhe der Forderungen ab. Die Bank Austria betont, dass diese Form des Kontos - das "Erfolgskonto light" - genau für jene Menschen eingerichtet worden sei, die verschuldet sind. An sich lehne man deshalb keinen Kunden ab, nur weil er Schulden gegenüber dem Institut habe. Man sei aber - unabhängig von Einkommen und möglichen Schulden - nicht dazu verpflichtet, für jeden Menschen ein Konto zu eröffnen. (part, derStandard.at, 5.3.2013)