Eine aufregende Initiative, die europaweit die Diskussion anfachen werde, allerdings für Deutschland und andere Staaten nicht als konkretes Vorbild dienen sollte: So schätzt Peter Hommelhoff, Rechtsprofessor an der Universität Heidelberg und ihr ehemaliger Rektor, die Schweizer Initiative gegen überhöhte Managergagen ein. Erstens sei in einem Wahljahr keine rasche Gesetzesänderung zu erwarten, so Hommelhoff im Standard-Gespräch, und zweitens hätte der Schweizer Vorstoß entscheidende Schwachstellen.

So sei es fraglich, ob die Aktionäre auf der Hauptversammlung wirklich energisch handeln würden, um die Vorstandsgagen zu begrenzen. "Das sind ja vor allem institutionelle Investoren, die gegenüber Leuten wie ihnen eher großzügig sind", warnt Hommelhoff, der vergangene Woche beim 3. Österreichischen Aufsichtsratstag an der WU Wien sprach. Und einzelne Komponenten wie Einstiegs- oder Ausstiegsprämien zu verbieten sei problematisch. Eine vorzeitige Aufkündigung eines fünfjährigen Vorstandsvertrags etwa müsse finanziell abgegolten werden. Richtig aber sei es, jahrelange und millionenschwere Wettbewerbsklauseln für scheidende Vorstandschefs wie zuletzt für Ex-Novartis-Chef Daniel Vasella zu stoppen. "Nach einem oder zwei Jahren haben diese Leute dem Wettbewerb nichts mehr zu bieten", sagt Hommelhoff.

Begrüßenswert sei jedenfalls die allgemeine Botschaft der Schweizer, dass nämlich solche Abzocker-Gagen kein Kavaliersdelikt seien, betont Hommelhoff, der ebenfalls eine Bremse bei Vorstandsvergütungen fordert. Allerdings sieht er den besseren Weg dorthin nicht durch Gehaltsdeckel oder Verbote bestimmter Vergütungsformen, sondern durch verstärkte Transparenz.

Verhältnis zur zweiten Ebene

Da habe die deutsche Corporate-Governance-Kommission einen sinnvollen Vorschlag unterbreitet, sagt der emeritierte Rechtsprofessor. Nachdem die bisherigen Vorschriften zur Veröffentlichung der Vorstandsgagen und auch die verpflichtende Einbindung der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat in Vergütungsentscheidungen wenig Wirkung gezeigt hätten, schlägt die Kommission vor, dass börsennotierte Unternehmen das Verhältnis der Vorstandsbezüge zum Durchschnitt der zweiten Führungsebene und zum Durchschnitt der Gesamtbelegschaft regelmäßig offenlegt.

Entscheidend ist für Hommelhoff die Veröffentlichung der Zeitreihe. " Hier wird man sehen, dass sich die Vorstandsbezüge viel steiler entwickelt haben. Wenn sich die Wirtschaftspresse und die Öffentlichkeit damit beschäftigen, kommen die Aufsichtsratsmitglieder und vor allem die Arbeitnehmervertreter unter erheblichen Druck." Er verweist auf die jüngste Debatte über die 14,5-Millionen-Euro-Gage von VW-Chef Martin Winterkorn, der schließlich freiwillig auf einen Teil verzichtet hat.

Besonders groß sei in vielen deutschen Unternehmen der Sprung von Bereichsleitern zu Vorständen, und dort könnte eine solche Berichtsform dämpfend wirken. Grundsätzlich sollte bei zehn Millionen Jahresgage Schluss sein, glaubt Hommelhoff. (Eric Frey, DER STANDARD, 6.3.2013)