Günter Lang (Bildmitte, mit Buch) zeigte den Besuchern aus China unter anderem die STO-Filiale in Wien-Liesing ...

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... sowie den Raiffeisen-EOD-Tower, das derzeit weltweit höchste Passivhaus.

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Im Studentenheim in der Gasgasse beim Westbahnhof wurde auch der Technikraum besichtigt.

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Rund 100 Hotels betreibt Zhang Zhi Kangs Firma in der chinesischen Heimat. So eines wie das "Boutique-Hotel Stadthalle" hat der Technik-Vorstand von BTG-Jianguo Hotels & Resorts aus Peking aber noch nicht gesehen. Bei dem Gebäude im 15. Wiener Gemeindebezirk handelt es sich nämlich um ein Passivhaus – und von denen gibt es in China noch nicht ganz so viele wie in Österreich.

Genau genommen gibt es erst ein einziges. Es wurde für die Weltausstellung 2010 in Schanghai errichtet und diente der Stadt Hamburg als Präsentations-Pavillon. Rasch zeigte sich dort, dass die Bauweise für die mitunter extremen klimatischen Bedingungen – heiß und feucht im Sommer, kalt im Winter – nahezu perfekt geeignet sein könnte.

Delegation in Österreich

Einer, der das naturgemäß genauso sieht, ist Günter Lang. Der ehemalige Geschäftsführer der IG Passivhaus Österreich ist mit seinem Beratungsunternehmen Lang Consulting mittlerweile international recht umtriebig; mehrere Delegationen aus Kanada hatte er beispielsweise schon zu Besuch in Wien.

Eine Woche lang führte der Passivhaus-Experte nun auch eine 12-köpfige Besuchergruppe aus China durch die Alpenrepublik. Er zeigte ihnen das erst vor wenigen Wochen mit dem Staatspreis Architektur ausgezeichnete Agrarbildungszentrum Salzkammergut in Altmünster und lud sie in eines der ersten österreichischen Passivhäuser ein, das er selbst gebaut hat und das ihm auch selbst gehört: die sogenannte "Passivhausscheibe" im oberösterreichischen Roitham. Weiters wurden der 80 Meter hohe EOD-Tower am Donaukanal, der als das weltweit erste Hochhaus in Passivhausstandard gilt, die Passivhaussiedlung Eurogate und das Passivhaus-Studentenheim in der Gasgasse beim Westbahnhof besichtigt. Und eben auch das Boutique-Hotel, das Chefin Michaela Reitterer auch damit bewirbt, das "weltweit erste Stadthotel mit Null-Energie-Bilanz" zu sein.

Das Zusammenspiel war neu

Die Besucher zeigten sich durchaus beeindruckt. Allerdings: Ganz so neu war das alles für Zhang Zhi Kang und seine elf Begleiter aus dem "Reich der Mitte" nicht. Die Baustoffe und Materialien, die man hier gesehen habe, kenne man nämlich alle. Aber, so Zhang: "Wie das alles zusammenspielt, die genaue Funktionsweise, das ist neu für uns", sagt er im Gespräch mit derStandard.at im Boutique Hotel.

Das Marktpotenzial für das Passivhaus in China wäre jedenfalls schlicht gigantisch, nicht zuletzt für österreichische Firmen. Ein paar heimische Unternehmen produzieren bereits in China, allerdings abgestimmt auf den herkömmlichen, sehr schlechten Baustandard. Ein Netzwerk an Handwerks- und Planungsfirmen, ähnlich der IG Passivhaus in Österreich, sollte rasch etabliert werden, sagt Zhu Fukang, Vize-Generalsekretär des "Shanghai Expo Forschungszentrums". Er will nun recht bald eine Diskussion über Anwendungsmöglichkeiten der Passivhaus-Bauweise in China initiieren und sich dafür um Unterstützung von "höchster Ebene" stark machen.

Kehrtwende in der Politik

Die Kehrtwende in der chinesischen Politik, die sich immer deutlicher abzeichnet – die Abwendung vom "Wachstum um jeden Preis", dafür eine größere Beachtung von Umwelt- und sozialen Fragen – käme den Plänen zweifellos sehr gelegen. Der neue Premier Li Keqiang werde die Idee des Passivhauses jedenfalls ganz massiv unterstützen, davon zeigten sich die Mitglieder der chinesischen Delegation überzeugt. Schließlich sei es unumstritten, dass die CO2-Emissionen radikal reduziert werden müssten.

Ein Problem könnten dabei aber die signifikant höheren Kosten darstellen: Im Gegensatz zu Österreich, wo man nur noch mit rund fünf Prozent Mehrkosten für ein Passivhaus rechnen muss, ist es in China derzeit noch um mindestens 30 Prozent teurer als ein herkömmlicher Bau.

Bauten "im großen Stil" geplant

Günter Lang ist trotzdem optimistisch. Die nach Österreich bzw. "Àodìlì", wie es auf Chinesisch heißt, mitgereisten Investoren hätten ihm bereits signalisiert, unter anderem mehrere Passivhaussiedlungen im Rahmen von verschiedenen Dorf- und Stadtentwicklungsprojekten für jeweils mehrere Zehntausend Bewohner in den kommenden Jahren errichten zu wollen. "Aber auch Seniorenresidenzen und Hotels, Bürogebäude und öffentliche Bauten sind im großen Stil in Passivhausstandard mit österreichischem Know-how geplant", berichtet Lang. Die Projekte würden sich über alle Klimazonen Chinas erstrecken und dementsprechend individuell abgestimmte Lösungen für Heizen, Kühlen oder Entfeuchten in Passivhausstandard erfordern.

Auch die Erfahrungen, die man in Österreich mit Altbausanierungen auf Passivhausstandard bereits gemacht habe, könnte man wohl nach China exportieren und so "in den kommenden 20 Jahren helfen, 1.600 Kohlekraftwerke zu schließen. Nach dieser Exkursion sind jedenfalls alle Teilnehmer hoch motiviert, den Passivhausstandard mit Hilfe europäischen Know-hows und Produkten in China großflächig umzusetzen." Und wer weiß, vielleicht wird Zhang Zhi Kangs 101. Hotel auch schon ein Passivhaus sein. (map, derStandard.at, 6.3.2013)