Die Durchfahrt durch Grünburg mit einer Montage der geplanten Sitzbank …

Montage: Poppe*Prehal

… und mit der rot-weiß gestreiften Bodenmarkierung.

Montage: Poppe*Prehal

Früher zwängte sich der Schwerverkehr durch den Ortskern, nach der Entlastung durch den Tunnel (rote Linie) soll die frühere Bundesstraße entlang des Steyr-Flusses zum Shared Space werden.

Karte: Land Oberösterreich

Jahrzehntelang zwängten sich täglich tausende Fahrzeuge durch das Ortszentrum von Grünburg. Die Steyrtal Straße (B 140) schlängelte sich als eine der wichtigsten Transitrouten vom oberösterreichischen Zentralraum in den Süden durch die 4.000-Einwohner-Gemeinde im Bezirk Kirchdorf. Eine im Juni 2008 eröffnete Tunnelumfahrung entlastete das unübersichtliche Nadelöhr auf vielfachen Anrainerwunsch, seither nimmt die Umgehungsstraße rund drei Viertel des Verkehrs auf.

Die alte Bundesstraße soll nun auf einer Länge von über einem Kilometer zum längsten Shared-Space-Abschnitt Europas werden. Der gesamte Straßenbelag wird nach Plänen des Steyrer Architekturbüros Poppe-Prehal eingefärbt, das rot-weiß gestreifte Band soll den Verkehrsteilnehmern signalisieren, dass sie als Fußgänger, Radfahrer und Kfz-Lenker gleichberechtigt sind. Verkehrsschilder oder sonstige Bodenmarkierungen sind nicht vorgesehen. Die Menschen müssen sich in Eigenregie verständigen.

Sitzbank statt Leitplanken

Wo früher Sattelschlepper und Autobusse die teilweise bis zum Randstreifen heranreichenden Häuserkanten mühsam umkurvten, soll die Schrittgeschwindigkeit nun zum Teil des Straßenkonzepts werden. "Genau genommen ist es auch keine Straße mehr, sondern ein gemeinsamer Freiraum", so der Architekt Helmut Poppe zu den "Oberösterreichischen Nachrichten".

Vor dem Bau des 52 Millionen Euro teuren Tunnelprojekts begrenzten noch Leitplanken die steil zur Steyr abfallende Straße. In Zukunft soll dort auf einem fünfzig Meter langen Segment eine Sitzbank zum Verweilen im öffentlichen Raum auffordern. "Die Bank wird auch über den Hang hinausragen und den Fluss in eine Sichtbeziehung zur neuen Lebensader setzen", sagt Poppe gegenüber derStandard.at.

Nichts Vergleichbares in Europa

Eine besondere Herausforderung bei der Planung war laut dem Architekten die schmale, dafür aber äußerst lange Straßenform: "Das Konzept Shared Space wird in der Regel auf Plätze angewandt. Es wurden zwar flächenmäßig schon große Projekte in Europa umgesetzt, in dieser Länge gibt es aber am ganzen Kontinent nichts Vergleichbares."

Abgesegnet ist der Beschluss zwar noch nicht. Der Bürgermeister von Grünburg, Gerald Augustin (ÖVP), und der für das Ortsbild zuständige Gemeinderatsausschuss sind laut Poppe aber zuversichtlich. Der Freiraum soll 2015 nach einer Generalsanierung der Straße im kommenden Jahr realisiert werden. "Es wird sich um einen Formalakt handeln", so Poppe. (Michael Matzenberger, derStandard.at, 6.3.2013)