Überraschende Wende im Fall der am Mittwoch in Syrien entführten philippinischen UN-Blauhelme: die Gruppe "Märtyrer von Yarmouk", in deren Gewalt sich die Soldaten befinden, bestreitet nun, diese entführt zu haben, berichtet die "Washington Post".
"Mit Gottes Hilfe", ist auf der Facebook-Seite der Brigade zu lesen, "ist es uns gelungen, eine Gruppe von UNO-Mitarbeitern zu retten, die in der Grenzstadt Jamleh arbeiteten und Opfer kriminellen Beschusses durch die Assad-Banden waren." Die Vereinten Nationen sollten ein "Sicherheitskomitee" bilden, um die UNO-Soldaten in Empfang zu nehmen, da das Gebiet im Südwesten der Provinz Daraa von den Regierungstruppen bombardiert werde.
Am Donnerstagnachmittag veröffentlichte die der Opposition nahestehende "Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte" ein Video, in dem sechs Blauhelme zu sehen sind. Einer der Filipinos erklärt, sie seien bei einer Nachschubmission unter Beschuss geraten. Der Konvoi habe deswegen anhalten müssen, und Zivilisten hätten ihnen geholfen, in Sicherheit zu gelangen und sic zu ihrem Schutz auf verschiedene Verstecke aufgeteilt.
Videos gelöscht
Zwei Youtube-Videos, auf denen Rebellen vor den UN-Fahrzeugen posieren und den UN-Beobachter vorwarfen, mit den Regierungstruppen gemeinsame Sache zu machen, wurden mittlerweile gelöscht. In dem Beitrag hatten die Kämpfer argumentiert, die UNO unterstütze Assad, weil dieser wiederum mit den "Zionisten" in Israel und den USA zusammenarbeite. Mittlerweile steht auf der Facebook-Seite "Wir haben nichts mit älteren Stellungnahmen, die vor dieser abgegeben wurden, zu tun".
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch meldete am Mittwochabend, man gehe Berichten nach, denen zufolge die "Jarmuk-Märtyrer-Brigade" zu Wochenanfang mehrere gefangene Soldaten der syrischen Armee getötet habe. Die Regierung in Manila bestätigte am Donnerstag , dass es sich bei den entführten Soldaten um 21 Filipinos handelt. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen protestierte gegen die Entführung und forderte eine sofortige Freilassung.
Eine syrische Rebellengruppe verlangte bisher als Bedingung für die Freilassung von entführten Blauhelm-Soldaten einen Abzug der Regierungstruppen aus der Region. Ein Sprecher der oppositionellen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sagte am Donnerstag nach Gesprächen mit der Gruppe "Märtyrer von Yarmouk", diese habe die Unversehrtheit der 21 UNO-Mitarbeiter zugesichert. "Aber die Rebellen wollen, dass sich die syrischen Soldaten und Panzer aus der Region zurückziehen." Die Blauhelme würden sich im Dorf Jamla befinden, das etwa 1,5 Kilometer von der Waffenstillstandslinie zu den von Israel besetzten Golanhöhen entfernt liegt.
Geiseln soll es gut gehen
Dem philippinischen Militär zufolge sind die 21 verschleppten Soldaten wohlauf. Die Rebellen behandelten ihre Geiseln gut, sagte ein Sprecher der philippinischen Armee: "Sie werden als Gäste behandelt, nicht als Feinde", betonte er. Es bestehe die Hoffnung, dass die Mitglieder der UN-Friedenstruppe UNDOF "bald" freikämen.
Das Außenministerium forderte eine sofortige Freilassung der Gefangenen. Man sei bereits dabei, mit den Geiselnehmern zu verhandeln. Auch der UN-Sicherheitsrat in New York verlangte die "sofortige und bedingungslose" Freilassung der Beobachter. Zu der Geiselnahme bekannte sich die Rebellengruppe "Jarmuk-Märtyrer-Brigade", die in Videos gegen eine angebliche Zusammenarbeit von Syriens Staatschef Bashar al-Assad und den "Zionisten" in Israel wetterte. Ein anderes Video zeigt die selbe Brigade, wie sie syrische Regierungssoldaten töten.
FSA will Freilassung
Ein Sprecher der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee (FSA) sagte dem Nachrichtenportal "Zaman al-Wasl", er erwarte, dass die Blauhelme binnen weniger Stunden freigelassen werden. Peinlich war die Entführung vom Mittwoch für die Rebellen auch, weil am gleichen Tag der Generalstabschef der FSA, Oberst Salim Idriss, die EU-Staaten um die Lieferung moderner Waffen gebeten hatte.
UNO-Mission seit 1974
Die Beobachtermission UNDOF ist seit 1974 auf den Golan-Höhen im Einsatz. Israel hatte den strategisch wichtigen Landstrich im Sechs-Tage-Krieg von 1967 besetzt, 1973 scheiterte Syrien im Jom-Kippur-Krieg mit der Rückeroberung. 1981 annektierte Israel die Golan-Höhen, der UN-Sicherheitsrat bezeichnete den Schritt aber als ungültig. Die derzeit etwa 1.100 UN-Beobachter kontrollieren den Waffenstillstand zwischen Israel und Syrien und überwachen eine Pufferzone zwischen den besetzten Gebieten und dem syrischen Staatsgebiet. (red/APA, 6.3.2013)