
Ein Teil der "Radiofamilie" von Ingeborg Bachmann physisch auf der Bühne (v. li.): Herbert Prikopa, Doris Weiner, Wolf Dähne und Tania Golden.
Wien - Die Radiofamilie Floriani ist, wie ihr Name sagt, eigentlich eine unsichtbare Sippe des Äthers. Ab den 1950er-Jahren umriss sie mit den Stimmen von Vilma Degischer und Hans Thimig das Bild einer Wiener Nachkriegsfamilie. Skriptautorin war die damals 25-jährige Ingeborg Bachmann, die die wöchentliche Sendung des Senders Rot-Weiß-Rot gemeinsam mit Jörg Mauthe und Peter Weiser entwickelte. Das Volkstheater in den Bezirken wirft nun einen nostalgischen Blick zurück und wiederbelebt die aufgeweckten Familienmitglieder in einer Bühnenfassung von Andy Hallwaxx (auch Regie) zum Leben.
In einem Aufnahmestudio, das im zweiten Teil zum Wohnzimmer mit Küchendurchreiche mutiert (Bühne: Hans Kudlich), sind unter einem leuchtend roten Schild mit der Aufschrift "Achtung Aufnahme!" Papa Hans (Herbert Prikopa), Mama Vilma (Doris Weiner), Tochter Helli (Tania Golden), Sohn Wolferl (Wolf Dähne) und Onkel Guido (Günter Tolar) versammelt, um in einer Mischung aus Studiosprech und Schauspiel vom Alltag der Oberlandesgerichtsratsfamilie zu erzählen.
An der Patina kratzt Hallwaxx nicht, er trägt diese vielmehr zur Schau und verlängert die rührseligen Momente mit Nachkriegsliedern. Dabei wird es auch recht komisch, wenn etwa Onkel Guido (Tolar) noch nicht überrissen hat, dass der Hitlerbart schon aus der Mode ist, oder wenn Helli (Golden) sich mit Teenspirit auf den Idealen Gatten (in der Josefstadt) vorbereitet.
Es hatte Gründe, dass die Radiofamilie 1960 eingestellt wurde; sie wurde nicht nur vom Fernsehen verdrängt, sondern auch von neuen Lebensrealitäten. Sie nun aus der Vergessenheit zu holen ist ein Akt von romantischer Nostalgie. (Margarete Affenzeller, DER STANDARD, 8.3.2013)