Wien - Ernährungsexperten schlagen Alarm: 27,6 Prozent der Österreicher sind zu dick, 12,2 Prozent sogar fettleibig. Wie die aktuellsten Zahlen des Ernährungsberichts 2012 zeigen, sind besonders Männer betroffen. Mehr als ein Drittel der männlichen Bevölkerung (37,4 Prozent) ist übergewichtig, 14,9 Prozent adipös. Bei den Frauen ist die Zahl der Betroffenen zwar geringer, aber dennoch alarmierend (17,9 Prozent sind übergewichtig, 9,7 Prozent adipös). Der diesjährige 30. Ernährungskongress der Diaetologen in Wien, der am Donnerstag eröffnet wurde, hat sich in diesem deshalb dem krankhaften Übergewicht gewidmet.

"Adipositas ist ein Dauerbrenner", beschreibt die Leiterin des Kongresses und Präsidentin des Verbandes der Diaetologen Österreichs, Andrea Hofbauer, die Dringlichkeit. "Und es wird sehr viel Geld damit gemacht. Besonders im Frühjahr vergeht kein Tag, an dem keine neue Diät angeboten wird", erklärte sie in ihrer Eröffnungsrede.

Ost-West-Gefälle

Die Fettleibigkeit ist vor allem in Industrienationen durch die schwerwiegenden Folgeerscheinungen eine große Herausforderung für die Diaetologen. In Österreich sind besonders die Menschen im Osten betroffen. In den östlichen Bundesländern leiden etwa doppelt soviele Menschen an Adipositas als im Westen. Der Vergleich mit früheren Zahlen zeigt, dass besonders das krankhafte Übergewicht in den vergangenen Jahren angestiegen ist. Der negative Trend ist in allen Altersgruppen zu beobachten, so die Experten auf dem Kongress.

"Der Mensch ist wichtig. Schauen wir, dass er nicht zu gewichtig wird", sagte Gesundheitsminister Alois Stöger (S) bei der Tagungseröffnung. "Es werde zur großen Herausforderung, die Balance zwischen der Nahrungsaufnahme und dem Abbau wieder herzustellen. "Man wird nicht von einem Tag auf den anderen übergewichtig, das braucht seine Zeit. Und man muss sich auch die Zeit gönnen, um wieder abzunehmen."

Kein einfacher Kampf

Dieser Meinung schloss sich auch Hofbauer an: Bei Adipositas sei es nicht mit einem "einfachen Kampf gegen die Kilos" getan. "Fakt ist, dass Übergewichtige nicht nur unter zahlreichen körperlichen Folgekrankheiten wie Diabetes oder einem erhöhten Krebs- und Herzinfarktrisiko leiden. Sie sind zudem in ihrer Lebensqualität und ihrem Bewegungsspielraum stark eingeschränkt", erklärte die Expertin. Liegt der errechnete Body Mass Index (BMI) eines Menschen zwischen 18,5 und 24,9, spricht man von Normalgewicht, bei einem BMI zwischen 25,0 und 29,9 als Übergewicht, und bei einem BMI von 30,0 und mehr von Adipositas. Extrembeispiel: Ein BMI von 40 entspricht in etwa 110 Kilo Gewicht bei einer Größe von 1,65 Metern.

Zur Behandlung von Adipositas sei ein ganzheitliches Zusammenspiel der Kräfte gefordert, so Hofbauer. Neben ärztlicher Betreuung durch Internisten und Pädiatern ist die Arbeit von Diaetologen, Sportwissenschaftlern sowie Psychologen und Psychotherapeuten gefragt. Kommt es zu operativen Behandlungsmethoden wie etwa dem Magenband oder dem Magen-Bypass, sind zudem auch Chirurgen ein wichtiges Glied in der Behandlungskette.

Erst vor kurzem wurde ein wichtiger Schritt für die Arbeit der Diaetologen gemacht. Seit Jahren appelliert der Verband, eine Ernährungstherapie "auf Krankenschein" zu etablieren, nicht nur für adipöse Patienten. Seit 1. März hat nun als erste Krankenkasse die Sozialversicherung der Gewerblichen Wirtschaft diaetologische Leistungen in ihr Programm aufgenommen. Für Andrea Hofbauer ist dies ein "wichtiger Schritt in die richtige Richtung", eine Erleichterungen für die Patienten. Die Verbandspräsidentin hofft, dass damit auch die Niederlassung für Diaetologen erleichtert wird, die zumeist in Krankenhäuser zu finden sind. (APA, 8.3.2013)