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Bahntransporte werden selten abgewogen. Deshalb fielen überbeladene Containerwagons viele Jahre nicht auf.

Foto: APA/Pfarrhofer

Wien – Die regelmäßigen Container-Transporte für die Lambacher Spedition Gartner KG von Wels nach Griechenland hat die ÖBB-Gütersparte Rail Cargo Austria (RCA) zwar verloren. Für Scherereien sorgen die bis zum Vorjahr durchgeführten "Isabella-Shuttles" freilich immer noch. Besser gesagt, mehr denn je. Denn die Staatsanwaltschaft Wels hat die seit Herbst 2011 laufenden Ermittlungen wegen Verdachts des schweren Betrugs ausgeweitet. Nun wird auch wegen Verdachts der Untreue ermittelt.

Der "Zund" kam über das Parlament, wo eine anonyme Sachverhaltsdarstellung einging, die an die Justiz weitergeleitet wurde und in Wels gelandet ist. Es geht, wie mehrfach berichtet, um notorische Überladungen von Güterwagons bei Transporten für den Konsumgüterkonzern Procter & Gamble und Handelskonzerne wie Lidl zwischen Wels und Sindos in Griechenland – zulasten der ÖBB, deren Schaden die Kripo in ihrem Bericht an die Staatsanwaltschaft mit 2,1 Millionen Euro errechnet hat.

Ermittlungen gegen größeren Personenkreis

Nun wird gegen einen weit größeren Personenkreis ermittelt als bisher, wurde dem Standard in Justizkreisen bestätigt. "Größerer Personenkreis" bezeichnet im Strafrecht eine Zahl von mindestens zehn Personen. Dieser Kreis umfasst laut Standard-Recherchen ehemalige wie aktive Führungskräfte der ÖBB-Gütersparte. Dem Vernehmen nach haben die Ermittlungsbehörden in der Bahn bereits eine Liste jener Personen angefordert, die über die Jahre mit der komplexen Materie befasst waren. Die könnte länger ausfallen, denn in internationale Gütertransporte sind nicht nur diverse Landesableger involviert. Im RCA-Konzern und verbundenen Unternehmen gab es im vergangenen Jahrzehnt umfassende Personalrochaden und wechselnde Zuständigkeiten. Laut konzerninternen E-Mail-Korrespondenzen, die dem Standard vorliegen, war eine nicht ganz kleine Gruppe an Führungskräften ab Anfang 2010 zumindest über den Verdacht auf unterdimensionierte Gewichtsangaben und gefälschte Frachtbriefe bei Isabella-Shuttles informiert. Die ÖBB bestreitet dies.

Im bisherigen Betrugsverfahren waren Mitarbeiter der Gartner KG – auch sie bestreitet die Vorwürfe – im Visier, die ÖBB schloss sich als Privatbeteiligter an, um Ansprüche zu wahren. Nun gehen die Einvernahmen weiter. Ein Gutachter soll Überladungen und Schadenshöhe plausibilisieren. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; 9.3.2013)