.Cremetörtchen sind nur an familiären Feiertagen erlaubt: Leslie Mann, Paul Rudd, Maude und Sadie Apatow (v. re.) in Judd Apatows Komödie über die Sorgenfalle in der Mitte des Lebens, "Immer Ärger mit 40".

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Wien - Dass der Apatow-Clan zur Selbstbeschau neigt, weiß man von Twitter, wo sich Vater Judd und Tochter Maude herumtreiben. "This is 40" ("Immer Ärger mit 40"), der jüngste Film des US-Komödienexperten, liefert nun tiefere Einblicke in diese Familienwelt - es ist der erste Film des Frat Packs, der aus der Mitte des Lebens erzählt. Leslie Mann, Apatows Frau, steht mit den Töchtern Maude und Sadie vor der Kamera, Paul Rudd verkörpert Pete, den Ehemann, der nicht einmal am stillen Örtchen seine Ruhe hat. Rudd gehört schon lange zu Apatows Ensemble, er wirkte bei "Anchorman", "The 40 Year Old Virgin" und bei der Erfolgskomödie "Knocked Up" ("Beim ersten Mal") mit, in der er bereits einmal Pete spielte, damals noch in einer Nebenrolle.

STANDARD: In "This is 40" gibt es eine Szene, in der Sie mit dem iPhone nach Hämorrhoiden Ausschau halten ...

Rudd:  Ich weiß, worauf Sie abzielen ... Diese Szene wurde sehr spät hinzugefügt, das Drehbuch war fertig, aber wir haben noch improvisiert. Da entstand die Idee, dass mich Leslie Mann, meine Filmpartnerin, in dieser bestimmten Situation ertappt. Wir haben uns darüber zerkugelt, aber ich dachte ehrlich nicht, dass die Szene in den Film finden würde.

STANDARD: Sie war also Ihr Einfall?

Rudd:  Ja, aber als ich am nächsten Tage das Skript bekam, war ich mir unsicher. Ich sagte mir, sie ist komisch, also kann es nicht umsonst sein, auch wenn es schockiert. Die Szene erzählt ja sinnbildlich vom Verheiratetsein, von der besonderen Intimität der Ehe - das hat mir geholfen.

STANDARD: Ist es nicht so, dass die peinlichsten Momente zwischen diesem Filmpaar auf eine bestimmte Art auch die zärtlichsten sind?

Rudd:  Solche Momente haben tatsächlich eine seltsame Romantik, weil sie eben nur für Menschen möglich sind, die sich sehr nahe stehen. Ich habe einmal in einem Magazin eine Umfrage unter Stars gelesen, in der nach dem tollsten Geschenk gefragt wurde, das man jemals von seinem Partner erhalten hat: eine Diamantenkette, eine Fernreise, ein Riesenfernseher ... Und dann gab es diesen Dr. Drew, der im Fernsehen medizinische Ratschläge gibt. Seine Antwort war "Socken und Unterhosen". Er meinte, er sei lange verheiratet, und die Vorstellung, dass sich seine Frau unterwegs fragt, ob er neue Unterhosen brauche, würde ihn berühren. Die Ehe ist nicht sexy oder glamourös. Aber diese Intimität sei das größte Geschenk.

STANDARD: Apropos Nähe: Leslie Mann, ihre Filmpartnerin, ist die Frau von Judd Apatow. Wie viel Judd steckt denn in Ihnen?

Rudd:  Ein bisschen ... Ich kenne die Familie bereits lange. Deshalb hat es sich nicht so angefühlt, als würde ich Judd spielen. Aber es gab gewisse Aspekte: Diese Geschichte mit den Muffins, die ich heimlich verschlinge - Judd will immer, dass ich zunehme. Oder dass ich meine Haare wachsen lasse. Und dann blicke ich ihn an und denke: "Oh, er will, dass ich ihm ähnlich sehe."

STANDARD: "This is 40" ist eine Komödie über Familie, Verantwortung und ökonomische Sorgen. Ist die Zeit der Filme über Jungs, die nicht groß werden wollen, vorbei?

Rudd:  Judd macht Filme über die Lebensphase, in der er sich gerade befindet. Er ist jetzt 45 und hat zwei Kinder. Als er über Männer Filme machte, die nicht erwachsen werden wollen, hat er sich wohl in einer ähnlichen Lage befunden. "Knocked Up" hatte allerdings keine High-Concept-Idee - Judd saß mit Seth Rogen zusammen und hatte diesen Einfall, dass er nach einem One-Night-Stand Vater wird. Dieser Film ist mehr aus Herumsitzen und Herumalbern entstanden. Es gibt allerdings dieses Phänomen, dass Männer eine verlängerte Jugend durchlaufen - vor allem in unserem Land.

STANDARD: Haben Sie dafür denn eine Erklärung?

Rudd:  Es gibt keine Demarkationslinie, die besagt: "Nun bist du erwachsen." Eine Bar Mitzwa ist zu wenig. Und mittlerweile ist es okay, selbstsüchtig zu sein. Man darf Zeit mit Dingen verbringen, die einem Spaß machen. Meine Eltern haben viel früher geheiratet als ich. Diesen geraden Lebensverlauf - Schule, Hochzeit, Arbeit - den gibt es nicht mehr so sehr. Und dann ist man plötzlich 23! Menschen haben heutzutage Zeit für ihre eigenen Träume.

STANDARD: Sie wussten offenbar früh, was Sie wollten: Auf Youtube gibt es ein Video, in dem Sie als DJ einer Bat Mitzwa zu sehen sind.

Rudd: Ich war nicht mehr so jung, wie das aussieht. Ich war schon an der Schauspielschule und konnte mit dem Einkommen meine Miete zahlen. Den Job habe ich nicht geliebt, aber man brauchte Ideen ...

STANDARD: ... und einen tollen gelben Anzug.

Rudd:  Den trug ich nur einmal! Ich war der jüngste DJ, die anderen waren um die 40 und machten das im Smoking. Ich war 22, trug auch einen Smoking, aber dazu Shorts. Es war die Zeit der Red Hot Chili Peppers. Und der gelbe Smoking war großartig und schrecklich.

STANDARD: Sie haben eine klassische Schauspielausbildung absolviert, spielen auch am Broadway. Eine Art Gleichgewicht?.

Rudd: Es ist einfach schön, wenn man seine kreativen Wünsche in unterschiedlichen Medien ausüben kann. Die Komödien sind am sichtbarsten. Ich bin aber gar kein Komiker, ich habe nie Stand-up-Comedy gemacht. Da fühle ich mich immer noch als Zuschauer.      (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD, 9./10.3.2013)