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Gespenstische Szenen wie dieses tonnenschwere Fischerboot mitten in der Landschaft gibt es auch zwei Jahre nach dem Beben in Japan. Sogar radioaktiver Schutt liegt vielerorts – es fehlt an Endlagern.

Foto: APA/KIMIMASA MAYAMA

Die Zerstörung war gewaltig, die Reaktion der Regierung in Tokio unangemessen: "Wir wollten neue Häuser errichten, aber weil das Land ursprünglich nicht als Bauland ausgewiesen war, bekamen wir keine Genehmigung", klagt Futoshi Toba, Bürgermeister der Stadt Rikuzentakata, die besonders stark von dem Tsunami betroffen war. Statt die verzweifelten Menschen zu unterstützen, hätten sich die zuständigen Ministerien gegenseitig Steine in den Weg gelegt. Und häufig flossen Entschädigungszahlungen nicht, weil die dafür einzureichenden Dokumente von den Fluten weggespült worden waren.

Mangel an Endlagern

Nun, im dritten Jahr nach dem Desaster, soll alles besser werden. Für die fünf Haushaltsjahre von April 2011 bis März 2016 hat die neue Regierung unter Premierminister Shinzo Abe das Budget für den Wiederaufbau des Nordostens Japans um fast ein Drittel auf 25 Billionen Yen (200 Milliarden Euro) aufgestockt. Die Suche nach Zwischen- und Endlagern für  radioaktiven Müll soll wieder  aufgenommen werden, nachdem Proteste von Anwohnern die bisherigen Planungen über den Haufen geworfen hatten.

Vor allem in Fukushima bleibt die Lage kritisch: Im Dezember waren hier noch 160.000 Menschen in Notunterkünften oder Übergangswohnungen untergebracht oder ganz aus der Region geflüchtet. Die regionale Wirtschaft liegt am Boden. Der Tourismus hat stark gelitten. Lokalen Medienberichten zufolge sind die Verkäufe landwirtschaftlicher Produkte um rund zwei Drittel zurückgegangen. Das Misstrauen der Verbraucher gegenüber Fleisch, Pilzen, Gemüse und Reis aus der Region ist groß – auch weil es einige Betrugsfälle mit falsch etikettierten Produkten gab.

Inzwischen werden Lebensmittel der Präfektur strengen Tests unterzogen. So sind bislang allein mehr als zwölf Millionen Reissäcke auf Strahlung getestet worden. Einzelne Produzentenverbände wie etwa die Fukushima-Sake-Hersteller verwenden nur noch Zutaten, die absolut frei von messbarer Belastung sind. Mit wenig Erfolg: "Vor allem die Verkäufe ins Ausland sind massiv zurückgegangen", berichtet Inokichi Shinjo, Chairman der Fukushima Sake Brewery Association.

Obwohl selbst im 240 Kilometer entfernten Tokio die Cäsiumwerte im Boden noch heute etwa ein Drittel höher sind als vor dem Nuklearunfall und es einzelne Hotspots mit einer mehrfach  höheren Konzentration gibt, hält die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Gesundheitsrisiken für minimal. Demnach ist das erhöhte Krebsrisiko für Menschen in Fukushima vernachlässigbar.

Derweil bleibt unklar, wie der schon immer wirtschaftlich schwache Nordosten Japans wieder auf die Beine kommen soll. "Es ist gut möglich, dass einzelne Städte zu Tourismus-Destinationen werden, so wie Hiroshima", sagt Naotoshi Mori, der beim Reiseveranstalter JTB für den Wiederaufbau des Tourismus in den zerstörten Regionen zuständig ist. Bereits heute reisen Schulklassen in den Nordosten, um aus dem Desaster zu lernen.

Am Sonntag, dem Tag vor dem Jahrestag, demonstrierten tausende Japaner in Tokio für einen vollständigen Ausstieg aus der Atomkraft. Nach der Katastrophe wurden alle 50 Reaktoren im Land stillgelegt, zwei sind jedoch wieder in Betrieb. Der liberaldemokratische Ministerpräsident Shinzo Abe hat angekündigt, alle Reaktoren wieder ans Netz nehmen zu wollen, die neue Sicherheitsstandards erfüllen. (Birga Teske aus Tokio/DER STANDARD, 11.3.2013)