Bild nicht mehr verfügbar.

Demonstration gegen den Sparkurs in Portugal: Jean Claude Juncker warnt davor, falsche Politik zu machen, nur weil man Angst hat, sonst nicht wiedergewählt zu werden. An einer soliden Haushaltsführung führe kein Weg vorbei.

Foto: reuters/JOSE MANUEL RIBEIRO

Bild nicht mehr verfügbar.

Seine Generation habe die gemeinsame Währungspolitik immer als Friedenspolitik gesehen, sagt der ehemalige Chef der Eurogruppe.

Foto: ap/Geert Vanden Wijngaert

Friede und Freundschaft stelle in Europa derzeit zwar niemand ernsthaft infrage, "aber wer glaubt, dass sich die ewige Frage von Krieg und Frieden nie mehr stellt, könnte sich gewaltig irren", lässt der luxemburgische Premierminister Jean Claude Juncker in einem Interview mit dem "Spiegel" aufhorchen.

Der ehemalige Chef der Eurogruppe sieht Parallelen zum Jahr 1913. Auch damals, ein Jahr vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, hätten viele gedacht, es werde in Europa nie mehr Krieg geben. Die großen Mächte des Kontinents seien wirtschaftlich derart eng verflochten gewesen, dass man glaubte, sie könnten sich militärische Auseinandersetzungen nicht mehr leisten, sagt der ehemalige Chef der Eurogruppe.

Besorgt über Sorglosigkeit

Die heutige Sorglosigkeit sei mit der damaligen vergleichbar. Zu viele würden sich zudem wieder in "kleinteilige nationale Gedankengänge verirren", bedauert er. Erste Anzeichen sieht Juncker in den Wahlkämpfen in Griechenland und Italien. Plötzlich seien Ressentiments hochgekommen, von denen man dachte, sie seien abgelegt.

Europa werde Mitte dieses Jahrhunderts nur noch gut sieben Prozent der Weltbevölkerung stellen, gibt Juncker zu bedenken. "Die einzige Chance unseres Kontinents, nicht aus dem Bilderrahmen der Welt zu fallen, ist ein einiges Europa." Für seine Generation sei die gemeinsame Währung immer Friedenspolitik gewesen.

Verantwortung für ganz Europa

Auch das Wahlergebnis in Italien sieht Juncker nicht in erster Linie als Votum gegen den Euro und die europäische Reformpolitik. Es könne daraus auch nicht folgen, dass "wir jetzt im Hauruckverfahren wieder zu jener Politik zurückkehren, die das Unheil verursacht hat. Man bekämpft die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht dadurch, dass wir auf die ohnehin schon hohen Schulden neue Schulden draufsatteln."

An einer soliden Haushaltsführung führe kein Weg vorbei. Juncker warnt auch davor, die falsche Politik zu machen, nur weil man Angst habe, sonst nicht wiedergewählt zu werden. Dem Volk sei zwar aufs Maul zu schauen, nach dem Mund reden dürfe man ihm aber nicht. (part, derStandard.at, 11.3.2013)