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Bei einem Mexiko-Besuch im Jahr 2005 legte Bundespräsident Heinz Fischer einen Kranz am Denkmal Isidro Fabelas in dessen Heimatstadt Atlacomulco nieder.

Foto: APA/Jäger

Mexiko-Stadt/Wien - Als einziges Land der Welt legte Mexiko beim Völkerbund in Genf gegen den "Anschluss" Österreichs an Hitler-Deutschland offiziellen Protest ein - dies geschah am 19. März 1938. Es gab noch Proteste anderer Staaten, doch diese erfolgten nur verbal oder in Form bilateraler Demarchen und nicht durch eine offizielle Note an den Völkerbund, aus dem Deutschland ausgetreten war.

Der Verfasser

In der Protestnote Mexikos, die der Delegierte beim Völkerbund, Isidro Fabela, in Genf überbrachte, lehnte sich das lateinamerikanische Land gegen die Völkerrechtsverletzung auf: "Der politische Tod Österreichs (...) stellt ein schweres Attentat gegen den Völkerbundpakt und gegen die übernommenen Grundsätze des Völkerrechts dar."

Der Überbringer der mexikanischen Protestnote, ein anerkannter Völkerrechtsexperte, war auch deren Verfasser. Isidro Fabela übergab im Auftrag von Staatspräsident Lazaro Cardenas del Rio (1934-40) die offizielle Resolution gegen die Annexion Österreichs durch Nazi-Deutschland 1938, an den damaligen Generalsekretär des Völkerbundes, Josephus Avenol. Fabela galt als Kenner des "Roten Wien" der 1920er-Jahre, in dessen Sozial- und Bildungspolitik er ein Vorbild für sein lateinamerikanisches Heimatland sah.

Voluntas coacta voluntas non est

In dem Schreiben, das Fabela übergab, heißt es wörtlich: "Die Tatsache, dass die Behörden in Wien die Macht den gewaltsamen Besetzern übergeben haben, kann dem Angreifer nicht als Entschuldigung dienen, und der Völkerbund darf diese vollendete Tatsache nicht ohne die energischen Proteste und die in den Artikeln des Völkerbund-Paktes vorgesehenen Gegenmaßnahmen hinnehmen."

Weiter: "Andererseits vertreten die Behörden, welche die vollziehende Kraft preisgegeben haben, keineswegs das österreichische Volk, das sicherlich den Tod seines Vaterlandes als düstere Tragödien ansieht, die Behörden selbst, welche der Gewalt weichen mussten, haben nicht frei gehandelt, da voluntas coacta voluntas non est (ein erzwungener Willensakt kein Willensakt ist)." Es handle sich also nicht um "freie und rechtmäßige Äußerungen der Nation".

Weitere Staaten, so das republikanische Spanien, brachten damals in anderer Form ihren Protest gegen den "Anschluss" zum Ausdruck. So manifestierte die Sowjetunion zwei Mal durch Erklärungen ihres Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten (der sowjetischen Entsprechung eines Außenministers), Maxim Litwinow, ihren Protest - am 17. März und 21. September 1938. Nach dem Zweiten Weltkrieg setzte sich Mexiko gemeinsam mit Brasilien 1952 für einen UNO-Beitritt Österreichs ein, der 1955, im Jahr des Staatsvertrages, erfolgte.

Der Hintergrund

Hinter der mexikanischen Haltung gegen die Annexion steckte die spezifische Position, die das lateinamerikanische Land nach dem Ausbruch des Spanischen Bürgerkrieges eingenommen hatte: Mexiko stellte sich auf die Seite der Republik. 1936 hatte General Francisco Franco mit Unterstützung Hitler-Deutschlands und des faschistischen Italien gegen die Volksfrontregierung der Zweiten Spanischen Republik geputscht und damit einen dreijährigen Bürgerkrieg entfacht. Nach dem Sieg 1939 errichtete Franco eine Diktatur, die erst mit seinem Tod im November 1975 endete.

Für die Nachwelt gilt Isidro Fabela als der eigentliche Held des Protests von 1938. Seit 20. Mai 2005 trägt eine Promenade im Bereich der Donau-City in Wien-Donausstadt, die vom Platz der Vereinten Nationen in Richtung Donauinsel führt, seinen Namen. Bundespräsident Heinz Fischer besuchte anlässlich seines Mexiko-Staatsbesuchs im Juni 2005 Fabelas Heimatstadt Atlacomulco, wo er in Gedenken an den historischen Protest gemeinsam mit dem Gouverneur des Bundesstaates Mexico am Denkmal des Diplomaten einen Kranz niederlegte. (APA/red, derStandard.at, 11. 3. 2013)