Brüssel/Budapest - Die EU-Kommission hat keinen genauen Zeitrahmen für die Prüfung der umstrittenen Verfassungsänderungen in Ungarn. Ein Sprecher der Kommission erklärte am Dienstag in Brüssel, es werde eine genaue Bewertung vorgenommen, ob die ungarischen Änderungen mit EU-Regeln und EU-Werten übereinstimmen. Er könne aber heute nicht sagen, wieviel Zeit dafür in Anspruch genommen werde.
Die Brüsseler Behörde erwarte sich jedenfalls volle Kooperation seitens der ungarischen Regierung. Es sei heute auch zu früh zu sagen, ob die Bedenken der Kommission bestätigt werden. Sollte dies der Fall sein, werde die Kommission ihre gesetzlichen Instrumente nützen, damit es zu einer Änderung kommt. Dies bedeutet de facto auch die Einsetzung eines Vertragsverletzungsverfahrens als eine der Möglichkeiten gegen Ungarn.
Es wäre besser gewesen, wenn Ungarn mit der Kommission vor der Abstimmung gestern Abend im Budapester Parlament über die Sache gesprochen hätte. "Das war nicht möglich, aber nun müssen wir weiterschauen. Wir werden den Text prüfen".
Verfassungsgerichtshof beschnitten
Mit den Stimmen der konservativen Regierungsmehrheit hat das ungarische Parlament am Montagabend die umstrittenen Verfassungsänderungen beschlossen. 265 Abgeordnete stimmten für die Reform, elf lehnten sie ab und 33 enthielten sich. Im In- und Ausland gab es massive Proteste gegen die geplante Beschneidung der Kompetenzen des Verfassungsgerichtes, gegen eine massive Einmischung der Politik in die Justiz und das Hochschulwesen. Es handelt sich um die vierte Modifizierung des Grundgesetzes. Dieses trat am 1. Jänner 2012 in Kraft.
Das Verfassungsgericht darf künftig unter anderem Parlamentsbeschlüsse über Verfassungsänderungen nicht mehr inhaltlich prüfen. Zudem erhalten vom Verfassungsgericht gekippte Gesetze nun Verfassungsrang, wie die Vergabe des Status als Kirchen an religiöse Gemeinschaften durch das Parlament oder ein Wahlwerbeverbot in Privatsendern oder die Kriminalisierung von Obdachlosen.
Staatspräsident Janos Ader hatte Dienstagvormittag mit Deutschlands Außenminister Guido Westerwelle die Angelegenheit erörtert. Dabei kam es nach Angaben von deutscher Seite zu durchaus kontroversen Diskussionen. (APA, 13.2.2013)