Vertraut auf die Energiewende: der Chef von GE für Österreich und die Schweiz, Georg Knoth.

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STANDARD: Es ist fünfeinhalb Jahren her, dass die US-Investmentbank Lehman Brothers gekracht hat. Ist die Krise jetzt ausgestanden?

Georg Knoth: Die Krise ist nicht komplett bewältigt, aber unter Kontrolle. In Europa geht es nun vorrangig darum, Wachstum zu schaffen und die hohe Arbeitslosigkeit, insbesondere unter Jugendlichen, zu senken. Zusätzlich müssen die Staatshaushalte wieder auf solide Füße gestellt werden.

STANDARD: Wie hat sich für General Electric die Welt seither verändert?

Knoth: Dergestalt, dass wir vorsichtig optimistisch sein können. Das wirtschaftliche Umfeld ist zwar volatil, GE hat aber ein komfortables Liquiditätspolster, das im hohen zweistelligen Milliardenbereich liegt. Außerdem haben wir gut gefüllte Auftragsbücher und eine gute Wettbewerbsposition. In den Emerging Markets wie China, Mittlerer Osten, in der Region südlich der Sahara und in Südamerika gibt es solides Wachstum. Viele dieser Länder sind dabei, beträchtliche Summen in den Ausbau der Infrastruktur zu investieren. Als eines der führenden Unternehmen auf dem Gebiet werden wir davon profitieren.

STANDARD: Ihre Finanzsparte war massiv betroffen von den Turbulenzen, sie haben den Sektor geschrumpft. Lust auf Expansion?

Knoth: Nein. GE sieht sich als weltweit führender Infrastrukturkonzern mit einem kleineren, aber sehr profitablen Finanzbereich. Wir werden uns auf Kerngebiete fokussieren wie Aircraft-Leasing oder Finanzierungslösungen für die Bereiche Energie und Medizin. Das ist industrienah, das verstehen wir sehr gut. Andere Dinge hingegen werden wir zurückfahren oder ganz aufgeben.

STANDARD: Ist Österreich im Mutterkonzern noch gut angeschrieben?

Knoth: Absolut. Österreich ist ein wichtiger Standort für GE in Europa. Ob Healthcare mit der Produktion von Ultraschallgeräten in Zipf (Oberösterreich; Anm.) oder Jenbacher mit seinen Gasmotoren - beide Bereiche haben sich als relativ krisenfest erwiesen.

STANDARD: Aber gerade in Jenbach hatten Sie ein massives Compliance-Problem, die gesamte Vorstandsriege wurde ausgewechselt?

Knoth: Personalentscheidungen kommentieren wir grundsätzlich nicht. Nur eines: Compliance war uns schon immer sehr wichtig und ist es auch weiter. Wir werden alles tun, um unsere Mitarbeiter entsprechend auszubilden und zu trainieren.

STANDARD: Bei Siemens hat es schwarze Kassen gegeben, bei ihnen offenbar schwarze Löcher, in denen Gasmotoren aus Tiroler Produktion verschwunden und im Iran wieder aufgetaucht sind, obwohl es ein Lieferembargo gibt?

Knoth: Wir möchten klar festhalten, dass GE Jenbacher keine Geschäfte im Iran tätigt.

STANDARD: Untersuchen Sie das?

Knoth: Der Mutterkonzern führt in diesem Zusammenhang weder aktuell interne Untersuchungen durch noch hat er solche in der Vergangenheit durchgeführt.

STANDARD: Bleibt Orient Energy ihr Distributor im Mittleren Osten?

Knoth: Orient ist für den gesamten Mittleren Osten nicht unser Vertriebspartner, sondern unterstützt uns in ausgewählten Ländern. Wir sagen aus Vertraulichkeitsgründen grundsätzlich nichts zu unseren vertraglichen Beziehungen mit unseren Distributoren.

STANDARD: Sie haben in Jenbach Leiharbeiter nach Hause geschickt. Absatzprobleme?

Knoth: Nein. Wir sind mit Jenbacher ausgesprochen zufrieden, sind auch wieder zweistellig gewachsen, der Ausblick ist auch positiv. Dezentrale Energieversorgung ist ein Riesenthema. Anfang April werden wir einen neuen Motor der 920er Serie lancieren, der als erstes bei den Stadtwerken Rosenheim zum Einsatz kommt.

STANDARD: Ihre Erwartungen?

Knoth: ... sind groß, gerade im Zusammenhang mit der Energiewende in Deutschland. Schon jetzt gibt es viele Großunternehmen wie BMW, aber auch immer mehr Mittelständler, die sich selbst mit Energie versorgen wollen. Auch Stadtwerke setzen vermehrt auf dezentrale Lösungen, weil das ein guter Puffer für volatile Energien wie Wind und Photovoltaik ist.

STANDARD: Ist die Energiewende der erhoffte Treiber für ihr Geschäft?

Knoth: Wir glauben, dass dezentrale Lösungen eine zunehmend größere Rolle spielen werden, zumal die ganz großen Lösungen mit Offshore-Wind sich als kompliziert in der Umsetzung erweisen. Es müssen Übertragungsleitungen gelegt werden, was in der Umsetzung schwierig ist, wenn man das Maß an Bürgerprotest gegen große Infrastrukturprojekte bedenkt. In der Zwischenzeit setzen wir und unsere Kunden auf dezentrale Lösungen.

STANDARD: Kommt es zu Neueinstellungen von Mitarbeitern?

Knoth: Man muss sehen, wie sich die Lage insgesamt entwickelt. Unbestreitbar ist, dass wir über die Jahre den Personalstock sowohl in Jenbach als auch in Zipf erhöht haben. In Jenbach beschäftigen wir derzeit gut 1400 Mitarbeiter, in Zipf rund 250. (Günther Strobl, DER STANDARD, 13.3.2013)