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Viele Kinder haben es sichtlich schwer, den schulischen Anschluss zu finden und trotzdem merkt man ihnen im Alltag ihre besonderen Fähigkeiten an.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Ein friedliches Leben, gutes Geld, keine materiellen Sorgen mehr haben. Das kann man in der Theorie auf unterschiedlichen Wegen erreichen. Die Kinder in der Betreuungseinrichtung, in der ich arbeite, haben dazu ihre eigenen Strategien gewählt. "Ich will Friseurin oder Kassiererin werden", erzählt mir ein junges Mädchen. Ein älterer Bursche würde gerne in die Fußstapfen seines Bruders treten und als Kellner arbeiten. Die meisten hier trauen sich nicht mehr zu. Seltener höre ich "Matura" oder gar "Studium".

Viele Kinder haben es sichtlich schwer, den schulischen Anschluss zu finden, und trotzdem merkt man ihnen im Alltag ihre besonderen Fähigkeiten an. Zahlen, Sprachen, gutes Merkvermögen, Lesen, Schreiben: Nicht alles auf einmal, aber mindestens eines davon beherrschen viele exzellent. Viele dieser Fertigkeiten kommen im Lauf der Zeit unter die Räder.

Es sind Konzentration, Geduld und Ausdauer, die immer wieder fehlen. Und vor allem Menschen, die ihnen helfen, mit den oftmals von den Eltern vorgelebten und gewünschten Berufsbildern zu brechen und ihnen sagen, dass sie es schaffen können.

Für manche Kids sind derzeit andere Themen und Konflikte wichtiger: die Mutter, der Vater, die Schwester, der Bruder, der Freund oder die Freundin. Viele von ihnen scheinen mehrfachen psychischen Belastungen ausgesetzt zu sein. Andere können den Ernst ihrer Lage noch nicht einordnen, reagieren trotzig, wenn sie "belehrt" werden, was für den zukünftigen beruflichen Werdegang fatal sein kann.

In Nachbesprechungen mit den Kollegen höre ich oft, dass viele positiv auffällige Schüler von einst heute doch in das bekannte Lebensmuster ihrer sozialen Umgebung abgerutscht sind. Das hat sehr unterschiedliche Gründe, wie ich lerne: Manche haben sich zu früh in familiäre Abhängigkeiten gestürzt, haben Kinder bekommen oder wurden in die Ehe gedrängt. Bei anderen haben die Eltern maßgeblich dazu beigetragen, dass das Können ihres Kindes ungefördert blieb. "Arbeiten gehen muss er, das Gymnasium ist viel zu schwer", höre ich als Beispiel. Bildungsabschlüsse sind nach wie vor sehr stark vom Portemonnaie der Eltern abhängig.

Aber es gibt auch Beispiele, die trotz aller Widerstände zum Erfolg führen. Und sie werden glücklicherweise mehr. Eine junge Jus-Studentin aus der hiesigen Nachbarschaft erzählt mir von ihrem damaligen Freundeskreis: Sie sei eine der wenigen, die den Weg an die Uni geschafft haben und in ihren Eltern ehrliche Unterstützer fanden. Ihre alten Jugendfreundinnen, zu denen sie heute keinen Kontakt mehr pflegt, hätten im selben Alter schon Familie und lebten das alte Leben ihrer Eltern, erzählt sie. (red, daStandard.at, 14.3.2013)