Der neue japanische Notenbankchef Haruhiko Kuroda wird nicht ganz so schnell seine Arbeit aufnehmen können, wie er es vielleicht gerne möchte: Sein erster Tag im Amt - am kommenden Mittwoch - ist ausgerechnet ein Feiertag. Doch obwohl in Tokio gerade die Kirschblüte einsetzt, wird Kuroda wohl nicht zu denjenigen gehören, die unter den zartrosa schimmernden Bäumen den Frühlingsanfang feiern. Denn der bisherige Leiter der Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) hat sich viel vorgenommen.

Binnen zwei Jahren, so versprach er dem Parlament in Tokio, will er Japan aus der seit 1998 anhaltenden Deflation führen. Kein leichtes Vorhaben, wie er selbst einräumt, aber "absolut notwendig und gut für Japan und die internationale Wirtschaft". Um die Preiswende zu schaffen, sind dem 68-Jährigen auch unkonventionelle Mittel recht. Dazu könnte der Kauf von Staatsanleihen mit längeren Laufzeiten sowie Aktien gehören. Dagegen hat Kuroda dem Erwerb ausländischer Schuldverschreibungen öffentlich eine Absage erteilt.

Abweichen vom Vorgängerkurs

Mit seiner offensiven Haltung zur Geldpolitik weicht der neue Gouverneur der Bank von Japan vom Kurs seiner Vorgänger ab. Diese waren nach dem Platzen der Spekulationsblase Ende der 1980er-Jahre vor allem darauf bedacht, Preisexzesse zu verhindern. Kuroda hingegen hat den schleichenden Verfall Japans als leitender Beamter in Japans Finanzministerium erlebt. Dort war er von 1999 bis 2003 für Wechselkurs-Themen zuständig und mehrfach an Devisenmarkt-Interventionen beteiligt, um den Yen zu schwächen und dadurch die heimische Exportindustrie zu stützen.

Kuroda trat 1967 in das Finanzministerium ein, nachdem er ein Jura-Studium an Japans renommiertester Universität (Todai) absolviert hatte. Früh in seiner Laufbahn wurde er von seinen Vorgesetzten zum Wirtschaftsstudium nach Oxford geschickt. Dort lernte er nach eigener Aussage, dass wissenschaftliche Theorie für eine gute politische Umsetzung allein nicht ausreichend ist. Der frühere, reformorientierte Premierminister Junichiro Koizumi wurde auf Kuroda aufmerksam und holte ihn 2003 als Berater in sein Kabinett.

Schon seit mehr als zehn Jahren propagiert Kuroda ein Inflationsziel für die Notenbank. Im Jänner dieses Jahres hat die Bank von Japan - unter massivem politischem Druck - diese Idee nun erstmals umgesetzt. Das Inflationsziel von zwei Prozent hat für Kuroda, wie er sagt, "absolute Priorität". Sollte sich der jüngste Verfall des Yen gegenüber Dollar und Euro jedoch fortsetzen, wird der bisherige ADB-Chef seine ganze internationale Reputation in die Waagschale werfen müssen, um erneute Vorwürfe einer Währungsmanipulation zurückzuweisen. (Birga Tesko, STANDARD; 16.3.2013)