Wien - Die BZÖ-Abgeordnete Martina Schenk wechselt doch in den Parlamentsklub des Team Stronach, teilte die Partei am Freitag der APA mit. Sie soll dort den Platz von Elisabeth Kaufmann-Bruckberger einnehmen, die in die niederösterreichische Landesregierung geht. Damit sichert die 40-Jährige der Fraktion des Austro-Kanadiers auch den Klubstatus, für den es mindestens fünf Abgeordnete braucht. Bisher war Schenk Frauensprecherin und geschäftsführende Landesobfrau des steirischen BZÖ, vorm BZÖ werkte die 40-Jährige u.a. als Bundesgeschäftsführerin für die FPÖ.
"Intrigen" als Grund
Schenk hatte einen Wechsel mehrmals und zuletzt diese Woche dementiert. Als Grund, dass sie nun doch wechselt, nannte Schenk am Freitag "Intrigen" im steirischen BZÖ. Sie habe sich zu diesem Schritt entschieden, "weil ich keine negativen Energien mehr für Streitereien aufwenden möchte, für Intrigen, ich möchte meine positiven Energien für meine Arbeit nutzen". Ihre Funktionen beim BZÖ habe sie ordnungsgemäß zurückgelegt. BZÖ-Chef Josef Bucher habe sie vor ihrem Pressestatement am Freitagvormittag per SMS über ihren Wechsel informiert, meinte Martina Schenk auf eine entsprechende Frage.
In 21 Jahren drei Mal den Arbeitgeber zu wechseln sei legitim, meinte Schenk darauf angesprochen, dass sie vor dem BZÖ ja auch schon für die FPÖ gearbeitet hatte. Das Team Stronach sei eine "Bereicherung" der politischen Landschaft. Schenk will sich in der neuen Partei wie schon beim BZÖ vor allem der Frauenpolitik widmen, Schwerpunkt ihrer Arbeit werde aber auch das Thema Rechnungshof und Kontrolle sein.
Dass sie nur geholt wurde, damit das Team Stronach seinen Klubstatus behält, sieht Schenk nicht so. Und auch Lugar stellte das in Abrede: Hätte man niemand geeigneten gefunden, wäre Elisabeth Kaufmann-Bruckberger im Nationalrat geblieben. Lugar unterstrich, dass Schenk über viel Erfahrung verfüge und unbelastet sei. Warum schon wieder BZÖ? Man wollte eine Frau und die Nationalratspräsidentin habe gesagt, dass ein Überlauf aus einer anderen Partei eine Umgehung der Geschäftsführung wäre, erläuterte Lugar.
Für den Klub gebe es mehrere Bewerber auch aus anderen Parteien, konkret aus SPÖ, ÖVP und FPÖ. Man werde das weiter prüfen, weitere Wechsel hätten jetzt aber keinen Vorrang. Vorerst liege der Fokus einmal auf den kommenden Landtagswahlen.
BZÖ "zutiefst betroffen und enttäuscht"
BZÖ-Sprecher Rainer Widmann hat sich in einer ersten Reaktion auf den Übertritt von Martina Schenk ins Team Stronach "zutiefst betroffen und enttäuscht" gezeigt. Immerhin habe sie die ganze Woche über "nahezu beichtstuhlartig geschworen", sie gehe nicht, so Widmann Freitagmittag auf Anfrage der APA. Ausschlaggebender Grund dafür, in den "jämmerlichen" Klub des Milliardärs zu wechseln, dürfte nach Meinung des Bündnissprechers Stronachs "Wechselgeld" gewesen sein.
An weitere Wechsel aus dem BZÖ zu Stronach glaubt Widmann nicht: "Für alle Abgeordneten des BZÖ gilt die Unschuldsvermutung." Er lege auch für alle die Hand ins Feuer, so der Bündnissprecher. Freilich hatte das BZÖ-Obmann Josef Bucher vor kurzem noch über all seine Mandatare, also auch für Schenk, gesagt und überdies gemeint, Stronach werde sich bei seinen Abwerbungsversuchen die "letzten Zähne ausbeißen".
Schenk: Erst FPÖ, dann BZÖ, jetzt Stronach
Schenk, die auf der BZÖ-Homepage Jörg Haider als politisches Vorbild angibt, ist schon länger in der Politik tätig. In den 1990er-Jahren war sie Mitarbeiterin im FPÖ-Generalsekretariat mit Schwerpunkt Organisation und Wahlkampfplanung, später im freiheitlichen Parlamentsklub, im Büro von Jörg Haider und in jenem von Susanne Riess-Passer. Von 2005 bis 2008 war Schenk schließlich Bundesgeschäftsführerin der FPÖ. Vor der Nationalratswahl wechselte sie dann im August 2008 durchaus überraschend zum BZÖ - mit der Begründung, dass sie sich in ihrer alten Partei "ungleich behandelt" gefühlt habe.
Seit Oktober 2008 sitzt die Steirerin für das BZÖ im Nationalrat. Erst Anfang Dezember übernahm sie das steirische BZÖ. Als nun das Team Stronach auf der Suche nach Zuwachs für den Klub war, weil Elisabeth Kaufmann-Bruckberger in die niederösterreichische Landesregierung wechselt, galt Schenk wieder einmal als Kandidatin.
Grosz: "Schenk in Oberwaltersdorf gesichtet"
"Ich werfe Martina Schenk keinen Stein nach, aber am Ende des politischen Lebens muss man sich in den Spiegel schauen können", sagte der steirische BZÖ-Obmann NAbg. Gerald Grosz nach dem Absprung der Abgeordneten zum Team Stronach. Es habe sich trotz ihrer Dementi schon seit einem halben Jahr abgezeichnet, "dass sie mit Stronach sympathisiert", so Grosz am Freitag zur APA.
Seinem Wissenstand zufolge habe Schenk schon am 4. März, am Tag nach den Landtagswahlen in Kärnten und Niederösterreich, verhandelt, "da ist sie in Oberwaltersdorf (Magna-Firmenzentrale, Anm.) gesichtet worden". Man habe sie als potenzielle Überläuferin eingeschätzt, am vergangenen Montag habe es in Graz dann einen turnusmäßigen Landesparteivorstandssitzung gegeben. Dabei hätten Harald Fischl und einige andere ihre Ansicht kundgetan, dass man "Schenk keinesfalls als meine Nachfolgerin empfehlen" könne. Bezeichnend sei auch gewesen, dass sie unlängst drei Tage gebraucht habe, um ihren kolportierten Wechsel zu Stronach zu dementieren. Am 14. April würden nun bei einem Landeskonvent in der Grazer Seifenfabrik die Weichen personell neu gestellt, sagte Grosz.
Nach der Niederlage bei der Grazer Gemeinderatswahl hatte das BZÖ angekündigt, die Spitze seiner steirischen Landespartei auszuwechseln. Der Nationalratsabgeordnete Gerald Grosz wollte sich von dieser Position zurückziehen und an Schenk übergeben. Schenk hätte beim Landeskonvent im April offiziell als Landesparteichefin gekürt werden sollen. Grosz will nun bis zu einer Landesparteivorstandssitzung nach Ostern entscheiden, ob er neuerlich für die Führung des steirischen BZÖ kandidiert oder nicht.
BZÖ stark geschrumpft
Mit dem Abgang Schenks hat sich der einst 21 Mandatare stolze Klub des BZÖ auf nunmehr zwölf Personen reduziert. Nach dem Wahlsieg unter Spitzenkandidat Jörg Haider im Jahr 2008 stellten die Orangen 21 Mitglieder und waren viertstärkste Fraktion, noch vor den Grünen.
Alles begann 2009 mit dem Exodus der Kärntner Freiheitlichen, die sich wieder der FPÖ anschlossen. Martin Strutz, Maximilian Linder und Josef Jury verließen im Zuge dessen den BZÖ-Klub und sind mittlerweile in die freiheitliche Fraktion integriert. Immerhin konnte man sich damals freuen, dass die Kärntner Josef Bucher, Sigisbert Dolinschek, Stefan Markowitz und Stefan Petzner erhalten blieben.
Es folgte im Jahr darauf Erich Tadler, der aus dem Klub geworfen wurde, nachdem er angeblich finanzielle Wünsche für seinen Verbleib in der orangen Fraktion geäußert hatte, was vom mittlerweile zum Stronach-Mandatar gewordenen Abgeordneten stets bestritten wurde. Im September 2011 war dann Robert Lugar an der Reihe. Er ging, als er nicht BZÖ-Generalsekretär wurde, und ist mittlerweile zum Stronach-Klubchef mutiert.
Auch Elisabeth Kaufmann-Bruckberger, die ihr Mandat als Ersatz für den nunmehrigen EU-Abgeordneten Ewald Stadler innehat, wechselte zu Stronach. Als nächster verabschiedete sich der Vorarlberger Christoph Hagen, gefolgt von Markowitz, der zwar dem Werben der FPÖ, nicht aber jenem Stronachs widerstehen konnte. Den vorläufigen Abschluss bildet nun Martina Schenk, die erst Anfang Dezember als steirische BZÖ-Chefin designiert worden war.
Damit ist nur noch ein Dutzend Oranger über, darunter mit Ursula Haubner lediglich eine einzige Frau. Kleiner Hoffnungsschimmer ist Kaufmann-Bruckbergers Wechsel in die niederösterreichische Landesregierung. Ihr Mandat könnte wieder an das BZÖ zurückgehen, sollte der Freiheitliche Gernot Darmann, der ja 2008 noch für das Bündnis kandidiert hatte, auf ein Nachrücken verzichten. Dann käme Klaus Kotschnig, laut BZÖ-Auskünften immer noch orange, zum Zug. Allenfalls könnte auch Ewald Stadler aus dem Europaparlament zurück nach Wien kommen, um das Kaufmann-Bruckberger-Mandat in Anspruch nehmen und so Darmann zu verhindern. Dann ginge aber der Sitz in Brüssel an die Freiheitlichen verloren, da hinter Stadler auf der BZÖ-Liste Jörg Freunschlag kandidiert hatte, und der ist mittlerweile wieder bei den Blauen gelandet. (APA, 15.3.2013)