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Schwarze Stelen erinnern an den vernichteten Turnertempel.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - Die Geschichte der jüdischen Vorstadtgemeinde "Fünfhaus" beziehungsweise "Sechshaus" reicht bis ins frühe 19. Jahrhundert zurück. Damals migrierten viele Juden von Mähren ins vorindustrielle Oberungarn (Slowakei) oder nach Niederösterreich und Wien, wo man sie zwar auch nicht mit offenen Armen empfing, ihnen aber immerhin erlaubte, zu heiraten und Familien zu gründen - was nicht überall in der k. u. k. Monarchie erlaubt war.

Die Siedlungen waren verstreut und umfassten den Bereich der heutigen Bezirke 12 bis 15. Erst ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Besiedelung dichter, als neben vielen Kleingewerbetreibenden auch mittelständische Unternehmer und Fabrikanten zuzogen.

Orthodox-religiöses Zentrum

Die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) betrachtete die jüdische Gemeinde "Sechshaus" zuweilen mit scheelen Augen, denn in der Vorstadt bildete sich eine höchst selbstständige Gemeinschaft heraus, die sich als orthodox-religiöses Zentrum verstand. Der Bau der großen Synagoge Turnertempel 1870 war das äußere Zeichen dieses Selbstbewusstseins.

Zum "Dreieck seiner Kindheit", das Moshe Jahoda beschreibt, gehörte auch das Vereinshaus in der Herklotzgasse 21 und die Talmudschule in der Storchengasse (Storchenschul'). Es gab ein Waisenhaus in der Goldschlaggasse und eine jüdische Wurstfabrik.

Viel erinnert nicht mehr an die jüdische Gemeinde. Einige Gedenktafeln, ein Forschungsprojekt (herklotzgasse21.at) - und seit 2011 das Mahnmal für den zerstörten Turnertempel in der Turnergasse. (stui, DER STANDARD, 16./17.3.2013)