Bild nicht mehr verfügbar.

Gratulationen an Piero Grasso, den neuen Senatspräsidenten.

Foto: Reuters/Casilli

Rom - Nach der Abgeordnetenkammer hat jetzt auch der italienische Senat seinen Präsidenten. Der ehemalige Mafia-Jäger Piero Grasso, Senator der Mitte-links-Kraft "Demokratische Partei" (PD), ist am Samstag beim vierten Wahlgang zum Präsidenten des Senats gewählt worden. Er setzte sich mit 137 Stimmen gegen Renato Schifani, Kandidat der Mitte-rechts-Allianz um Silvio Berlusconi, durch, der den Senatsvorsitz bereits in der vergangenen Legislaturperiode innehatte. Schifani musste sich mit 117 Stimmen begnügen. Die Mitte-links-Allianz übernahm somit die Führung in beiden Parlamentsflügeln. Am Samstag war bereits die linke Abgeordnete Laura Boldrini zur Präsidentin der Abgeordnetenkammer gewählt worden.

Der 67-jährige Grasso hatte sich wenige Monate vor den Parlamentswahlen in Italien zum Einstieg in die Politik in die Reihen der PD entschieden. Dabei schrieb er sich die Bekämpfung von Mafia, Korruption und Geldwäsche auf die Fahne. Zu seinen politischen Zielen nannte er die Wiedereinführung des Delikts der Bilanzfälschung, das Silvio Berlusconi als Premier hatte entschärfen lassen.

In den Siebzigerjahren hatte Grasso als Staatsanwalt in Palermo gegen die organisierte Kriminalität ermittelt. Dort war er später einer der Richter im legendären Maxi-Prozess gegen die Cosa Nostra, in dem 1987 gegen 475 Kriminelle 19-mal lebenslänglich und 2600 Jahre Gefängnisstrafen verhängt worden waren. Nach einer Zeit im Justizministerium kam er zur Anti-Mafia-Behörde, wo er aufsehenerregende Ermittlungen führte. Seit 1999 war er Staatsanwalt und dann Oberstaatsanwalt von Palermo. Rund 2000 Mafiosi wurden in Grassos Zeit verhaftet, Hunderte zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. 2005 kam dann der Wechsel an die Spitze der Anti-Mafia-Behörde in Rom. Unter Grassos Regie wurde 2006 die Nummer eins der sizilianischen Mafia, Bernardo Provenzano, nach 43 Jahren Flucht gefasst.

Berlusconi: "Schämt euch!"

An der Wahl im Senat beteiligte sich auch Medienzar Berlusconi, der am Freitagabend die Mailänder Klinik verlassen hatte, in der er seit einer Woche wegen einer Augeninfektion behandelt wurde. Vor dem Eingang im Senat wurde Berlusconi von einigen Personen ausgepfiffen. "Schämt Euch!", rief ihnen Berlusconi zu.

Der TV-Unternehmer verglich die "Fünf Sterne"-Bewegung um den Starkomiker Beppe Grillo, drittstärkste Kraft im italienischen Parlament, mit einer "Sekte". "Grillos Bewegung ist eine Sekte, die mich an Scientology erinnert, und wegen der Regeln, denen sie folgt, oder nicht folgt, nicht einmal zu den demokratischen Parteien zugelassen werden dürfte", betonte Berlusconi. Die Bewegung sei Ausdruck von Protest, der jedoch dem Land keine Perspektive geben würde. "Sie stellen eine Sorge für die Demokratie im Land dar", kommentierte Berlusconi.

Boldrini sitzt Abgeordnetenkammer vor

Am Samstag hatte auch die Abgeordnetenkammer ihren Vorsitz bestimmt. Gewählt wurde Laura Boldrini, ehemalige Sprecherin des UNO-Flüchtlingshochkommissariats (UNHCR) in Italien und Parlamentarierin der Linkspartei SEL. Die 52-Jährige setzte sich mit einer absoluten Mehrheit von 327 Stimmen durch. Der Kandidat der Protestbewegung "Fünf Sterne", Roberto Fico, musste sich mit 108 Stimmen begnügen. Boldrini ist die dritte Frau, die in der republikanischen Geschichte Italiens den Vorsitz der Abgeordnetenkammer eroberte.

Knapp drei Wochen nach dem Patt bei den italienischen Wahlen war das neu gewählte Parlament in Rom am Freitag erstmals zusammengekommen. Damit hat offiziell die 17. Legislaturperiode in der republikanischen Geschichte des Landes begonnen. Ins Parlament zogen auch die 163 Abgeordneten der "Fünf Sterne"-Bewegung ein, die überraschend zur drittstärksten Kraft in der Volksvertretung aufgerückt war.

Die bei den Wahlen spektakulär erfolgreiche Protestbewegung des Komikers Grillo hat deutlich gemacht, dass sie eine "Regierung ohne Parteien" will. Ein Zusammengehen mit der Linken lehnt Grillo ab, Mitte-Links-Chef Pierluigi Bersani seinerseits will keine Große Koalition mit Ex-Premier Berlusconi. Nach der Wahl der Parlamentspräsidenten wird Staatsoberhaupt Giorgio Napolitano am kommenden Mittwoch politische Konsultationen für die Regierungsbildung in die Wege leiten. (APA, 16.3.2013)