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Auszahlungen werden nicht mehr durchgeführt, auch Online-Überweisungen sind bis auf weiteres nicht möglich.

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Seit Samstag versuchten viele Kunden - wie hier vor einer Bank in Larnaca - ihre Spareinlagen abzuheben.

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Nikosia - Die Zentralbank Zyperns hat das gesamte Bankensystem quasi lahmgelegt. Damit will man einem massenhaften Ansturm auf die Konten angesichts der Angst der Bankkunden vor der Zwangsabgabe zuvorzukommen. Über ein entsprechendes Schreiben von Zentralbankchef Panicos Demetreades von Samstag berichteten griechischsprachige Medien.

Sämtliche Transaktionen verboten

Demetreades verbietet darin demnach "vorläufig und bis auf weiteres" sämtliche Transaktionen wie Auszahlungen oder Überweisungen innerhalb und außerhalb Zyperns, sogar innerhalb derselben Bank. Bereits erteilte Aufträge seien auszusetzen, heißt es in dem Schreiben weiter.

Nachdem sich am Freitag die Finanzminister der Eurozone auf ein Hilfspaket für Zypern geeinigt hatten, versuchten zahlreiche Zyprioten, ihre Spareinlagen abzuheben, wie der öffentlich-rechtliche Rundfunk berichtete. Kurzzeitig habe es einen Ansturm auf einige wenige Genossenschaftsbanken gegeben, die auch am Samstag geöffnet hatten.

Bis Dienstag soll der Konten-Zugriff abgewickelt sein, am Montag bleiben die Banken in Zypern wegen eines Feiertags ohnehin geschlossen. Da man einen Bank-Run befürchte, könnten die Banken auch am Dienstag geschlossen bleiben, hieß es.

Bankenaktien als Entschädigung geplant

Laut Präsident Präsident Nicos Anastasiades sollen die betroffenen Bankkunden mit Aktien der Banken entschädigt werden. Diese Anteilsscheine seien durch zukünftige Einnahmen aus dem Verkauf von Erdgas garantiert, erklärte Anastasiades in einer Fernsehansprache. Er habe die Zwangsabgabe im Gegenzug für die internationale Hilfe akzeptieren müssen, da ansonsten der Insel die Pleite gedroht habe. "Die gefundene Lösung ist nicht das, was wir wollten, aber es ist unter den gegebenen Umständen der am wenigsten schmerzhafte Ausgang", erklärte Anastasiades.

Erstmals seit seit Ausbruch der Euro-Schuldenkrise vor drei Jahren sollen damit auch die Sparer an einem Hilfspaket beteiligt werden: Guthaben von unter 100.000 Euro werden einmalig mit 6,75 Prozent belastet, Beträge darüber mit 9,9 Prozent. Das soll dem Staat zusätzliche 5,8 Milliarden Euro bringen, sagte Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem. Insgesamt soll Zypern Hilfskredite des Euro-Rettungsschirms von zehn Milliarden Euro erhalten, um seine Probleme im Bankensektor und im Staatshaushalt in Ordnung zu bringen.

Kreise: Zypern will Vereinbarung ändern

Angesichts des Proteststurms in Zypern soll sich die Regierung nun um eine Änderung der Rettungsvereinbarung in letzter Minute bemühen. Wie eine den Beratungen nahestehende Person der Nachrichtenagentur Reuters am Sonntagabend berichtete, führte die Regierung in Nikosia Gespräche mit den Geldgebern, um die Höhe der Sondersteuer zu verändern.

"Wir bestrafen Zypern nicht"

"Ich wünschte, die Euro-Finanzminister hätten das nicht getan", sagte der zypriotische Ressortchef Michael Sarris nach dem Verhandlungsmarathon. Der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte: "Wir haben nach langen und harten Verhandlungen einen Weg gefunden, Zypern zu helfen, ohne dabei die Zukunft des Landes zu verpfänden." Auch Dijsselbloem betonte: "Wir bestrafen Zypern nicht, wir versuchen die Probleme zu lösen."

Europaparlament-Präsident Martin Schulz begrüßte die Regelung grundsätzlich. Gerade  "angesichts riesiger Bankeinlagen ungeklärter Herkunft" halte er die Beteiligung von Bankkunden für richtig, sagte er der "Welt am Sonntag". Die zypriotischen Kleinsparer allerdings seien zu schonen, sie seien nicht verantwortlich für die Misswirtschaft. "Da muss nachgebessert werden, etwa über einen Freibetrag von 25.000 Euro", forderte Schulz, "die Lösung muss sozialverträglich sein."

Entscheidung im Parlament am Montag

Das Parlament in Nikosia muss die gesetzliche Grundlage für diese Abgabe allerdings noch schaffen. Eigentlich hätte schon am Wochenende darüber abgestimmt werden sollen. Hinter den Kulissen hieß es aber, die Parteien brauchten mehr Zeit. Die Regierung verschob die für Sonntag geplante Sondersitzung des Parlaments zur Ratifizierung des für die einmalige Steuer benötigten Gesetzes auf Montag. Beginnen soll sie um 16.00 Uhr MEZ.

"Wir können wählen zwischen dem Katastrophen-Szenario einer ungeordneten Staatspleite oder einem schmerzhaften, aber kontrollierten Management der Krise", mit diesen Worten soll Anastasiades die Abgeordneten unter Druck setzen. Medien spekulierten schon darüber, Anastasiades habe die Parlamentssitzung verschoben, weil er eine Ablehnung des Hilfspaketes fürchte.

Zustimmung ungewiss

Tatsächlich ist die Zustimmung der Abgeordneten alles andere als sicher: Anastasiades' konservative Partei Disy hält 20 der insgesamt 56 Parlamentssitze, der Koalitionspartner Diko stellt neun Abgeordnete. Diko-Chef Marios Garogian sagte, er habe mit dem Staatschef über Alternativen zur Beteiligung der Sparer am Hilfspaket gesprochen. Die Kommunisten, die Sozialisten und die Grünen winkten bereits ab.

Auf zypriotischen Bankkonten liegen rund 70 Milliarden Euro, ein Großteil davon dürfte reichen Russen und Briten gehören. Getroffen werden aber auch Griechen, die wegen der Krise in ihrem Land Konten auf der Insel eröffnet hatten. Großbritannien erklärte, es werde seine 3.500 auf der Insel stationierten Militärangehörigen entschädigen. Spanien, das selbst ESM-Hilfen für seine Banken bekommt, erklärte, die Einleger-Beteiligung sei ein Einzelfall. Auch Dijsselbloem sprach von einer "maßgeschneiderten Lösung" für die Probleme Zyperns.

Tauziehen in Deutschland erwartet

Die EU-Staaten bestehen als Bedingung für ihre Hilfen darauf, dass von Zypern künftig Anti-Geldwäsche-Standards eingehalten werden. Eine unabhängige Prüfung dazu ist bereits angelaufen und soll bis Monatsende abgeschlossen werden. Die deutschen Grünen erklärten, Bedingung für ihre Unterstützung der Zypern-Kredite im Parlament in Berlin sei auch eine weitere Aufklärung bei der undurchsichtigen Steuerpolitik des Landes.

Überhaupt zeichnet sich im deutschen Parlament ein Tauziehen um das Ja zum Gipfelkompromiss ab. Auch SPD und FDP machten ihre Zustimmung im Parlament von Bedingungen abhängig. Die Linksfraktion kündigte ein Nein an. In Kreisen der Unionsfraktion hieß es am Sonntag aber, man gehe davon aus, dass die Regierung die notwendige Mehrheit erhalten werde. Doch auch in den Koalitionsreihen gibt es Vorbehalte. Der Bundestag wird voraussichtlich am Donnerstag eine erste Grundsatzentscheidung über die Zypern-Hilfen treffen.

Auch die österreichischen Oppositionsparteien lehnen das vereinbarte Zypern-Hilfspaket - vor allem wegen der geplanten Sonderabgabe für alle Bankvermögen - ab. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache spricht von einer "Zwangsenteignung", der Grüne Abgeordnete Bruno Rossmann hält das Paket für ungerecht und unwirksam gegen Geldwäsche, für BZÖ-Chef Josef Bucher wird mit dieser Entscheidung die Einlagensicherung in Europa gekippt. Ablehnung kommt auch vom Team Stronach.

OECD-Chef befürwortet Maßnahmen

Der Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria, ist der Ansicht, dass die im Rahmen des Rettungspakets für Zypern vorgesehenen Zwangsabgaben besser seien für die betroffenen Bankkunden als die "ernsthaften Verluste", die sie im Fall eines Konkursverfahren der Banken auf dem Inselstaat erlitten hätten.

"Heute protestieren all jene, die in Zypern Ersparnisse haben, gegen diese Steuer, aber sie werden sehr zufrieden sein sie zu zahlen, denn die Alternative wäre natürlich gewesen, sehr ernsthafte Verluste zu haben", sagte Gurria am Sonntag gegenüber dem Hörfunk "Radio France International (RFI).

Hilfsgesuch im Juni

Die von einer schweren Bankenkrise erschütterte Mittelmeerinsel hatte schon im vergangenen Juni ein Hilfsgesuch in Brüssel vorgelegt. Bis vor kurzem war ein Volumen von rund 17,5 Milliarden Euro genannt worden. Mit welchem Volumen sich der Internationale Währungsfonds (IWF) beteiligt, sei noch offen, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde. Nach unbestätigten Informationen könnte es um eine Milliarde Euro gehen.

Zypern ist nach Griechenland, Portugal und Irland das vierte Land, das Geld aus dem europäischen Rettungsschirm bekommt. Spanien erhält nur für seine maroden Banken Milliardenhilfen. (APA, 17.3.2013)