Das "Wall Street Journal" hat den "App-Design-Guru" Loren Brichter in seinem Heim in Philadelphia besucht, von wo aus der 28-Jährige Apps wie "Tweetie" oder "Letterpress" gestaltete. Er sei, so das "Wall Street Journal", einer der einflussreichsten App-Entwickler, die es im Moment gibt. Von ihm stammen alltägliche Entwicklungen wie "Pull to refresh" oder "Cell swipe".
Auch BlackBerry setzt auf Brichters Entwicklungen
Seine Entwicklungen sind in den meisten Apps mittlerweile Standard. Apple, Pinterest, Facebook, Evernote und alle Unternehmen, die mit Apps arbeiten, setzen auf Brichters Entwicklungen. Das von ihm entwickelte "Panel-Feature", ein Menü, das bei Wischen vom Bildschirmrand erscheint, wurde in Facebooks und Twitters Apps ebenfalls eingebaut. Ein Feature, das auch BlackBerry für sein neuestes Betriebssystem BlackBerry 10 herangezogen hat.
Brichter als Berater
Andere Entwickler sind sich einig, dass die Brichters Entwicklungen nicht zu unterschätzen sind. Der junge Developer setzt vor allem auch auf Barrierefreiheit und Benutzerfreundlichkeit. So bekommt er zahlreiche Anfragen von App-Entwicklern, um Apps zu beurteilen und Verbesserungsvorschläge abzuliefern. Beispielsweise wurde Brichter aufgesucht, nachdem die Mail-Anwendung "Sparrow" fertiggestellt war. Er riet den Entwicklern, kleine Veränderungen vorzunehmen, wie beispielsweise die Platzierung von Text anzupassen oder eine Verzögerung der Animation um etwa eine Sekunde herbeizuführen. "Saprrow" wurde im Sommer 2012 von Google gekauft. Brichter entgeht nichts, wenn es um Benutzerfreundlichkeit geht.
In den Schuhen eines Fünfjährigen
Seine Stärke, so Sparrow-Mitgründer Dominique Leca, liege vor allem darin, sich in die Lage eines Fünfjährigen zu versetzen, der es trotzdem versteht, in einer ausgefeilten Sprache zu formulieren, was ihn am Design stört. Interessanterweise setzt Brichter nicht auf Design-Patente. Andere Developer fragen ihn einfach um Erlaubnis, wenn sie seine Ideen in Apps implementieren wollen. Sein "Pull to refresh" wurde aber vom Twitter patentiert, nachdem der 28-Jährige das Feature für die App des Microblogging-Dienstes implementiert hat. Dennoch könnten laut Brichter andere das Feature mithilfe von Open-Source-Software einbauen.
Einfach und simpel
Seine Ideen nimmt Brichter aus der realen Welt und lässt sich davon inspirieren, wie Menschen mit Objekten in der Offline-Welt umgehen. "Das wichtigste ist die Offensichtlichkeit. Das Problem liegt im Overdesign", so Brichter. Zu seinen persönlichen Lieblings-Apps gehören die Wetter-App "Dark Sky" und die Kalender-App "Fantastical".
Eigene Projekte
Brichter arbeitet stets von Zuhause, vermeidet persönliche Treffen und regelt alles lieber via Twitter und E-Mail. Sein Lebenslauf kann sich sehen lassen: Der Entwickler hat bis 2006 an der Tufts University Electrical Engineering studiert, danach ein Jahr lang bei Apple gearbeitet, wo er an der Entwicklung der Grafik-Hardware für das erste iPhone beteiligt war. Danach arbeitet er stets an eigenen Projekten, allerdings nie für Android, da er der Ansicht ist, Apples Hard- und Software seien besser.
Nächstes Ziel: Ein Spiel
2008 erfolgte sein Durchbruch mit der Entwicklung von Tweetie, das 2010 an Twitter verkauft wurde. Seitdem arbeitete Brichter 1,5 Jahre eng mit Twitter zusammen, um die Apps laufend zu verbessern. Eigene Projekte wie Letterpress sollten Unabhängigkeit von großen Unternehmen schaffen. Als nächstes will er ein Arcade Game rausbringen, das völlig auf seiner eigens entwickelten Technologie basieren soll. (red, derStandard.at, 18.3.2013)