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Opfer eines angeblichen Giftgasangriffs werden in einem Krankenhaus in Aleppo behandelt.

Foto: REUTERS/George Ourfalian

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Damaskus/Wien - Nach dem angeblichen Einsatz von Chemiewaffen im syrischen Bürgerkrieg hat die Regierung in Damaskus von den Vereinten Nationen eine unabhängige Untersuchung gefordert. Der syrische UN-Botschafter übergab am Mittwoch ein entsprechendes Schreiben, auch die Regierungsgegner forderten ihrerseits Ermittlungen. Der israelische Präsident Shimon Peres warnte vor Chemiewaffen "in den Händen von Terroristen".

In dem syrischen Schreiben wird UN-Generalsekretär Ban Ki-moon aufgefordert, eine "spezialisierte, unabhängige und neutrale technische Mission zu bilden, um den Einsatz von Chemiewaffen durch in Syrien operierende terroristische Gruppen gegen Zivilisten zu überprüfen". Die syrische Regierung und die Rebellen werfen sich gegenseitig vor, am Dienstag Chemiewaffen eingesetzt zu haben. Am Mittwoch forderten auch die Aufständischen eine internationale Untersuchung des Vorfalls durch eine Expertengruppe.

Ein ranghoher UN-Diplomat sagte, die Angaben beider Seiten ließen sich mangels Informationen nicht bestätigen oder nachweisen. Nach israelischen Informationen gab es dagegen einen Chemiewaffen-Einsatz

Das syrische Außenministerium forderte in einem Brief an den UNO-Generalsekretär und den Sicherheitsrat dazu auf, die Rebellen am Erlangen von Massenvernichtungswaffen zu hindern. Auch wiederholte das Regime seine Vorwürfe an die Türkei und den Golfstaat Katar, die Rebellen zu unterstützen. Die islamistische Al-Nusra-Front habe eine Fabrik im Osten Aleppos eingenommen, in der Tonnen an Chlor-Gas gelagert worden sei. Zudem hätten Rebellen damit gedroht, in der Türkei hergestelltes Giftgas einzusetzen, berichtete die staatliche Nachrichtenagentur SANA.

Die oppositionelle Nationale Koalition forderte eine internationale Untersuchung des Vorfalls im nordsyrischen Ort Khan al-Assal, bei dem laut übereinstimmenden Angaben 25 Menschen beim Einschlag einer Rakete getötet wurden. In einer Erklärung hieß es, es gebe "vermehrt Anzeichen", dass das Regime Chemiewaffen eingesetzt habe.

US-Botschafter: keine Beweise

Eine unabhängiger Bestätigung für den Einsatz von Chemiewaffen gab es auch am Mittwoch nicht. Der US-Botschafter in Syrien, Robert Ford, sagte in einer Anhörung im US-Abgeordnetenhaus, den USA liege noch nichts vor, das die Berichte untermauere. Syrien beantragte am Mittwoch bei UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon eine "unabhängige und neutrale" Untersuchung des Einsatzes von Chemiewaffen durch "terroristische Gruppen".

Angriff mit Pestiziden?

Der israelische Geheimdienstminister erklärte inzwischen ohne Berufung auf Quellen, es sei "offenbar klar", dass in Syrien Chemiewaffen zum Einsatz gekommen seien. "Das ist sehr beunruhigend, und wir müssen darauf dringend reagieren", sagte er dem Armeeradio.

Allerdings gab es am Mittwoch auch Stimmen, die den Einsatz chemischer Waffen in Zweifel zogen. So könnten die aus der syrischen Stadt Aleppo gemeldeten Toten nach einem Bericht des Senders Al-Jazeera auch auf einen Angriff mit Pestiziden zurückzuführen sein. "Einige Opfer sprachen von einem stechenden Geruch. Chemiewaffen sind normalerweise geruchlos", sagte der Mediziner Siad Haddad dem Sender.

Von Regimegegnern hieß es hingegen, das Regime habe aus ungeklärten Gründen bereits vor einer Woche seine Anhänger und Kämpfer aus Khan al-Assal abgezogen, berichtete das Nachrichtenportal "All4Syria". Die US-Regierung habe das Regime von Präsident Bashar al-Assad zuvor noch gewarnt, einen Chemiewaffen-Angriff der Rebellen vorzutäuschen, um einen Vorwand für den Einsatz von Chemiewaffen durch die Armee zu konstruieren.

EU berät am Freitag und Samstag

Der Bürgerkrieg in Syrien soll am Freitag und Samstag erneut Thema bei einem Treffen der EU-Außenminister sein. Großbritannien und Frankreich hatten zuvor gedrängt, das Waffenembargo gegen Syrien nicht erneut zu verlängern. Sollten sie gegen einen entsprechenden Antrag stimmen, könnte das Embargo auslaufen und die Lieferung an Waffen sowohl an die Opposition als auch das Regime möglich machen. Praktisch wollen einige Staaten vor allem die Opposition bewaffnen. Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach sich am Mittwoch erneut gegen ein Ende des Waffenembargos aus - die Bundesregierung unterstütze seine Haltung, sagte er nach dem Ministerrat.

Das Nationale Koalition, das wichtigste Bündnis der syrischen Opposition im Exil, hatte unterdessen offenbar mit einer Abspaltung zu kämpfen. Nach der Wahl von Ghassan Hitto zum Übergangsregierungschef der syrischen Opposition traten mindestens zwölf Mitglieder aus dem Bündnis aus. Dazu gehörten auch der bisherige stellvertretende Koalitions-Vorsitzende Suheir Atassi und der Koalitions-Sprecher Walid al-Bunni. (APA/Reuters, 20.3.2013)